Die Landesregierung schafft neue Möglichkeiten, um besondere Härten für Privatpersonen mit Dieselfahrzeugen der Euronorm 4 abzumildern. So kommt sie Menschen entgegen, die von den Fahrverboten über Gebühr belastet werden würden.
Die Landesregierung hat die Kriterien für spezielle Ausnahmegenehmigungen im Einzelfall, sogenannte Härtefälle, präzisiert. In die Präzisierung der Ausnahmeregelungen sind auch Überlegungen eingeflossen, die sich aus zahlreichen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern ergeben haben. Auch Anregungen aus den Gesprächen, die die Stabsstelle der Staatsrätin für Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft, Gisela Erler, geführt hat, fanden Berücksichtigung.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte: „Es werden neue Möglichkeiten geschaffen, um besondere Härten für Privatpersonen mit Dieselfahrzeugen der Euronorm 4 abzumildern.“ Wenn auch Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Euronorm 4 insgesamt unumgänglich bleiben, so gelte es doch dort, wo es möglich ist, Menschen entgegenzukommen, die von den Fahrverboten über Gebühr belastet werden würden.
Nachbesserungen gemeinsam mit der Stadt Stuttgart
Verkehrsminister Winfried Hermann erklärte: „Wir haben sehr großzügige Ausnahmen zum Beispiel für Lieferverkehr gewährt. Das hat zu berechtigten Fragen geführt, warum die Regelungen für Privatpersonen recht streng waren. Gemeinsam mit der Stadt hat das Land nun nachgebessert. Dass auch die neuen Ausnahmen nicht alle umfassen, liegt in der Natur der Sache: Eine Maßnahme, die keiner befolgen muss, wäre unwirksam.“
Zukünftig können Fahrten von den bestehenden Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge der Euronorm 4 ausgenommen werden, wenn
- (1) die Fahrten nur in einem kurzen Zeitraum oder nur in seltenen Sonderfällen stattfinden (Temporärer Fahrtzweck),
- (2) die Fahrten der familiären Betreuung von Kindern unter 8 Jahren dienen (Fahrtzweck Betreuung kleiner Kinder) oder
- (3) wenn der Fahrtzweck ähnlich bestehenden allgemeinen Ausnahmeregelungen ist, zum Beispiel sollen für Privatfahrten zur Pflege von Familienangehörigen entsprechende Ausnahmen ermöglicht werden, die auch für professionelle Pflegedienste gelten.
Zusätzlich wird wegen der erhöhten Lebenshaltungskosten in der Region Stuttgart die Grenze angehoben, ab welcher die Ersatzbeschaffung eines Fahrzeuges als zumutbar erachtet wird. Zu diesem Zweck werden die gemäß der Pfändungsfreigrenze ermittelten Euro-Beträge um 25 Prozent erhöht. Hierdurch ergeben sich folgende neue Beurteilungsmaßstäbe:
Zumutbarkeit einer Ersatzbeschaffung
Zumutbarkeitsgrenze | Monatliches Nettogehalt, Bisher | Monatliches Nettogehalt, Neu |
1-Personen-Haushalt | 1.130,00 Euro | 1.415,00 Euro |
2-Personen-Haushalt | 1.560,00 Euro | 1.950,00 Euro |
3-Personen-Haushalt | 1.820,00 Euro | 2.275,00 Euro |
4-Personen-Haushalt | 2.110,00 Euro | 2.640,00 Euro |
5-Personen-Haushalt | 2.480,00 Euro | 3.100,00 Euro |
* Zumutbarkeitsgrenzen gelten für das Haushaltseinkommen bzw. für den Fall, dass die anderen Haushaltsmitglieder versorgungsberechtigt gegenüber dem Antragsteller sind. Maßgeblich ist dabei das gesamte Haushaltseinkommen bzw. welchen Haushaltsmitgliedern der Antragsteller gegenüber versorgungspflichtig ist.
Mit diesem Vorgehen setzt die Landesregierung innerhalb kürzester Zeit einen Wunsch des Koalitionsausschusses um. Das Vorgehen wurde mit dem Regierungspräsidium Stuttgart und der Landeshauptstadt Stuttgart abgestimmt. Die Regelung tritt unmittelbar in Kraft.
Voraussetzung für die Erteilung dieser Einzelfallgenehmigung ist die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen. Hierzu gehört, dass das entsprechende Fahrzeug mindestens eine grüne Plakette besitzt, das Fahrzeug vor dem 1. Januar 2019 auf den Halter angemeldet wurde und kein von den Verkehrsbeschränkungen ausgenommenes Alternativfahrzeug zur Verfügung steht.
Antragstellung bei der Stadt Stuttgart
Anträge auf die Erteilung einer Einzelfallgenehmigung können ausschließlich bei der Stadt Stuttgart gestellt werden. Die Stadt überprüft formlos abgelehnte Anträge auf Wunsch erneut. Liegt bereits ein rechtsmittelfähiger Bescheid vor, ist zunächst die Stadt im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zuständig. Lehnt die Stadt die Ausnahmegenehmigung weiterhin ab, wird das Widerspruchsverfahren automatisch an das Regierungspräsidium Stuttgart als übergeordnete Behörde weitergeleitet. Eventuelle Härtefälle werden somit auf städtischer wie auch auf der Ebene des Regierungspräsidiums Stuttgart behandelt. Dieses Widerspruchsverfahren ist kostenpflichtig und kostet den Antragsteller knapp 30 Euro.