Für das Schuljahr 2018/2019 fehlen 500 Bewerberinnen und Bewerber für das Grundschullehramt. Das Kultusministerium bietet daher jetzt Gymnasiallehrkräften den Berufseinstieg über die Grundschule an. Das Land spricht damit vor allem Lehrkräfte an, die kein aktuelles Einstellungsangebot an einem Gymnasium haben.
Der Lehrkräftebedarf an den Grundschulen bleibt weiterhin groß. 1.600 Stellen an den Grundschulen werden im neuen Schuljahr 2018/2019 frei. Dieser Stellenanzahl stehen 1.100 Bewerberinnen und Bewerber mit einer Lehrbefähigung für die Grundschule gegenüber. Um den Mangel von 500 Stellen zum neuen Schuljahr beheben zu können, hat das Kultusministerium das Konzept zur Einstellung von Gymnasiallehrern an Grundschulen überarbeitet und handfeste zusätzliche Anreize für Bewerberinnen und Bewerber geschaffen. Kern des neuen Konzepts ist eine grundsätzliche Einstellungszusage im gymnasialen Lehramt für die Zeit nach dem aktuellen Lehrermangel an Grundschulen.
Einstellungszusage für Lehrer, die helfen, den Mangel zu überbrücken
Lehrerinnen und Lehrer mit dem Lehramt für das Gymnasium, die sich zusätzlich für das Grundschullehramt qualifizieren und ein Einstellungsangebot für die Grundschule annehmen, sollen zusätzlich eine Einstellungszusage für eine spätere Übernahme als verbeamtete Gymnasiallehrer in Baden-Württemberg erhalten. „Wir schaffen damit einen Anreiz für diejenigen Lehrerinnen und Lehrer, die uns dabei helfen, die Versorgungslage an den Grundschulen zu entschärfen. Mit einer Zusage für die spätere Einstellung in ihrem ursprünglichen Lehramt geben wir diesen Lehrern eine attraktive Perspektive“, sagt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann. „Entweder sie entscheiden sich dafür, auf Dauer an der Grundschule zu bleiben, oder sie wechseln nach einer gewissen Bindung in das gymnasiale Lehramt.“
Qualifizierung von zwei auf nur noch ein Jahr verkürzt
Ein weiterer Baustein besteht in der Verkürzung der berufsbegleitenden Qualifizierung von zwei Jahren auf nur noch ein Jahr. „Um den Einstieg in das Lehramt an Grundschulen für Gymnasiallehrkräfte attraktiver zu gestalten, haben wir eine zeitlich auf ein Jahr begrenzte, gleichzeitig aber pädagogisch fundierte Zusatzqualifizierung entwickelt“, so Eisenmann. Die Verkürzung gilt auch für die rund 30 Teilnehmer, die sich bereits seit dem vergangenen Jahr in der Qualifizierung befinden.
Gymnasiallehrkräfte ohne Einstellungsangebot am Gymnasium als Zielgruppe
Gerade für Gymnasiallehrkräfte, in deren Fächern ein Bewerberüberhang herrscht, bietet sich so die Möglichkeit, ein zweites Standbein aufzubauen und unbefristet in den Schuldienst einzutreten. Interessant ist das vor allem für Lehrkräfte, die Fächer wie beispielsweise Deutsch, Englisch, Spanisch oder Geschichte studiert haben. „Diese Lehrkräfte haben derzeit denkbar schlechte Chancen, in den Schuldienst an einem Gymnasium zu kommen“, sagt die Ministerin. Die Einstellungschancen für Gymnasiallehrer mit diesen Fächerkombinationen seien derzeit bundesweit schlecht. Die Lehrbefähigung für das Gymnasium bleibt bei einer Teilnahme an der Laufbahnqualifizierung für den Zugang zum Lehramt an Grundschulen auf Dauer zusätzlich erhalten.
Um in das Programm einsteigen zu können, mussten Lehrkräfte bislang über zwei Fächer aus dem Fächerkanon der Grundschule verfügen. Künftig werden auch Lehrkräfte zur Qualifizierung zugelassen, die lediglich ein grundschulaffines Fach mitbringen. Dies sind die Fächer Mathematik, Deutsch, Englisch, Französisch, Sport, Kunst, Musik, evangelische Religionslehre, katholische Religionslehre, Biologie, Chemie, Physik, Naturwissenschaft Technik (NWT), Geschichte, Gemeinschaftskunde oder Politik/Wirtschaftswissenschaft. Darüber hinaus können sich auch Lehrkräfte bewerben, die bereits mindestens ein Jahr einen Vertretungsvertrag an einer Grundschule erfolgreich wahrgenommen haben.
Lehrereinstellung hat bereits begonnen, Hauptausschreibung folgt im März
Die Lehrereinstellung für das Schuljahr 2018/2019 hat jetzt begonnen: Seit dem 8. Februar sind bereits 1.250 Stellenausschreibungen für Schulen im ländlichen Raum auf Lehrer-Online-BW.de veröffentlicht. Nachdem bereits im Dezember erste Stellen für Grundschulen, Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren sowie berufliche Schulen ausgeschrieben worden waren, sind jetzt Stellen aller Schularten und Lehrämter im Netz.
Auf die jetzige Ausschreibungsrunde, die für Regionen des ländlichen Raums reserviert ist, folgt vom 22. März bis 6. April eine für alle Schularten und Regionen geöffnete weitere Runde, das so genannte Hauptausschreibungsverfahren. Für die Gemeinschaftsschulen gibt es zudem vom 2. bis 9. Mai eine weitere Möglichkeit, Stellen auszuschreiben. Ab 13. Juni findet dann die Auswahl im sogenannten Listenauswahlverfahren statt. Hier werden Bewerberinnen und Bewerber aufgrund ihrer Leistung und auf Grund ihrer Fächerkombination offene Stellen in Regionen angeboten, für die sie sich einsatzbereit erklärt haben. Auch nach diesen Terminen werden auf www.lehrer-online-bw.de weitere Stellen angeboten.
Weitere Informationen
Vor allem durch die große Zahl an Pensionierungen und den dadurch resultierenden Ersatzbedarf gab es in den vergangenen Jahren Rekordeinstellungszahlen. Im vergangenen Jahr waren von den rund 5.100 zu besetzenden Lehrerstellen über 4.300 Stellen Ersatzbedarf, vor allem durch Pensionierungen. Der Ersatzbedarf wird sich voraussichtlich noch die kommenden beiden Jahre auf ähnlich hohem Niveau bewegen. Die hohen Einstellungsmöglichkeiten ergeben sich aber auch aus dem Mehrbedarf an Stellen zur Realisierung der Erhöhung der Stundentafel, zum Ausbau der Ganztagesschulen und wegen anderer bildungspolitischer Maßnahmen. Auch aufgrund der Verlängerung der Studienzeit im Lehramt Grundschule und damit des Ausfalls fast eines kompletten Bewerberjahrgangs hat sich gerade bei den Grundschulen ein Bewerbermangel entwickelt, der sich auch in den kommenden beiden Jahren noch auswirken wird.
Im Lehramt für Gymnasien ist dagegen seit Jahren in Fächern wie beispielsweise Deutsch, Englisch, Spanisch oder Geschichte ein deutlicher Bewerberüberhang zu verzeichnen. Mehr als 2.000 Bewerberinnen und Bewerber konnten im vergangenen Jahr kein dauerhaftes Einstellungsangebot erhalten – und diese Zahl wird nach derzeitigem Stand in der Einstellungsrunde 2018 noch steigen. Für diese Bewerbergruppe besteht die Möglichkeit, sich auf Stellen an beruflichen Schulen oder Gemeinschaftsschulen zu bewerben, die für das Lehramt an Gymnasien ausgeschrieben sind.
Darüber hinaus hat das Kultusministerium im vergangenen Jahr erstmals die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen einer berufsbegleitenden Qualifizierungsmaßnahme die Befähigung zum Lehramt an Grundschulen zu erwerben. Nach Abschluss der nunmehr einjährigen Qualifizierungsmaßnahme erfolgt – sofern die persönlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind – eine Übernahme ins Beamtenverhältnis auf Probe als Grundschullehrkraft in Besoldungsgruppe A12. Damit wurde für die vielen Gymnasiallehrkräfte, die trotz zum Teil sehr guter Abschlüsse kein Einstellungsangebot erhalten können, eine interessante Perspektive eröffnet.