Im Kampf gegen Kindesmissbrauch bringt das Land mehrere Gesetzesinitiativen in den Bundesrat ein. Die Entwürfe sehen Änderungen des Strafgesetzbuches und des Familienverfahrensrechts vor, Verurteilungen sollen zudem künftig zeitlich unbegrenzt in das erweiterte Führungszeugnis aufgenommen werden.
Im Kampf gegen Kindesmissbrauch hat Baden-Württemberg mehrere Maßnahmen für einen besseren Schutz der Kinder vor sexualisierter Gewalt auf den Weg gebracht. Am Freitag, 3. Juli 2020, bringt das Land drei Initiativen im Bundesrat ein: Zwei Gesetzesentwürfe sehen Änderungen des Strafgesetzbuches und des Familienverfahrensrechts vor. Darüber hinaus wird mit einem Entschließungsantrag die Regelung zur zeitlich unbegrenzten Aufnahme von Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in das erweiterte Führungszeugnis angemahnt. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat der Bundesrat auf Initiative Baden-Württembergs bereits vor einiger Zeit beschlossen.
Schutz von Kindern vor Missbrauch effektiver machen
Justizminister Guido Wolf sagte dazu: „Die Schwächsten der Schwachen vor üblen und niederträchtigen Übergriffen zu bewahren, das ist die wichtigste Aufgabe einer Gesellschaft. Um den Schutz von Kindern vor Missbrauch effektiver zu machen, müssen wir an allen denkbaren Punkten ansetzen. Die Maschen des Netzes müssen so eng werden, dass Täter nicht mehr hindurchschlüpfen können. Daran haben wir in den vergangenen Wochen mit Hochdruck gearbeitet. Ich bin froh, dass es gelungen ist, diese wichtigen Maßnahmen noch vor der Sommerpause im Bundesrat einzubringen.“
Mit den im Bundesrat eingebrachten Gesetzesinitiativen setzt das Justizministerium die seinen Geschäftsbereich betreffenden Empfehlungen um, die die unter dem Eindruck des sogenannten „Staufener Missbrauchsfalls“ eingesetzte Kommission Kinderschutz erarbeitet hat.
Die Initiativen im Überblick
Bereits im Februar hat der Bundesrat auf Antrag Baden-Württembergs einen Gesetzesentwurf beschlossen, der vorsieht, dass Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern oder wegen Kinderpornographie zeitlich unbegrenzt im erweiterten Führungszeugnis stehen. Der Gesetzentwurf ist am 18. März 2020 von der Bundesregierung dem Bundestag zugeleitet worden. Um den Schutz von Minderjährigen vor erneuten Übergriffen bereits verurteilter Sexualstraftäter zu verbessern, soll der Bundestag an den Gesetzentwurf erinnert und gebeten werden, sich damit zeitnah zu befassen.
Hierzu sagte Justizminister Guido Wolf: „Wir wollen, dass Sexualstraftätern, die wegen Taten zum Nachteil von Kindern verurteilt wurden, der berufliche und ehrenamtliche Umgang mit Kindern und Jugendlichen dauerhaft verwehrt werden kann. Nach meiner Überzeugung gebietet es der Schutz Minderjähriger, die Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zeitlich unbegrenzt aufzunehmen. Ist im erweiterten Führungszeugnis einmal eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern eingetragen, darf diese nie mehr verschwinden. Der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor Sexualstraftätern muss in solchen Konstellationen Vorrang haben.“
Den Familiengerichten kommt bei der Prävention von Kindesmissbrauchsfällen eine entscheidende Rolle zu. Bei Feststellung einer Gefährdung des Kindeswohls geeignete Maßnahmen zum Schutz des Kindes anzuordnen und deren Wirksamkeit zu kontrollieren, stellen große Herausforderungen dar, zu deren Handhabung verfahrensrechtlich verbindliche Vorgaben geschaffen werden sollen. Durch Änderung des Familienverfahrensrechts soll insbesondere gewährleistet werden, dass sich das Gericht in jedem Fall einen persönlichen Eindruck vom Kind verschafft. Die Einbeziehung des betroffenen Kindes im Gerichtsverfahren soll gestärkt werden, selbst wenn sich das Kind noch nicht hinreichend verbal mitteilen kann. Außerdem hat das Gericht die Umsetzbarkeit und konkrete Umsetzung von gerichtlichen Anordnungen mit dem Jugendamt zu besprechen und anschließend die angeordneten Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu kontrollieren. Darüber hinaus sollen die Möglichkeiten verfahrensbegleitender Beratung durch Sachverständige und der Bestellung eines Verfahrensbeistandes erweitert werden.
Mit dem zweiten Gesetzesentwurf wird eine Strafverschärfung des Paragraphen 145a des Strafgesetzbuches (StGB) vorgeschlagen, der Verstöße gegen Weisungen während der Führungsaufsicht normiert und derzeit eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht. Dieser Strafrahmen soll im Höchstmaß auf fünf Jahre heraufgesetzt werden.
Wolf hierzu: „Eine der größten Herausforderungen bei Straftätern, die wegen sexuellen Kindesmissbrauch verurteilt wurden, ist der Umgang mit ihnen nach Verbüßung ihrer Haftstrafe. Regelmäßig werden den Straffälligen im Rahmen einer angeordneten Führungsaufsicht Weisungen erteilt, beispielsweise sich von Spielplätzen fernzuhalten. Verstöße in diesem Bereich müssen empfindlich bestraft werden können. Denn bei den Täterinnen und Tätern handelt es sich oftmals um hafterfahrene Personen, die durch kurzzeitige Freiheitsstrafen oder eine Geldstrafe nicht in ausreichendem Maß davon abgehalten werden können, gegen die Weisungen zu verstoßen.“
Schließlich sieht der Gesetzesentwurf noch vor, dass Straffälligen auch gegen deren Willen mit unmittelbarem Zwang eine Fußfessel zur elektronischen Überwachung des Aufenthaltsortes angelegt werden kann.