Die Landesregierung hat die Fortschreibung der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie für die Jahre 2025 bis 2029 beschlossen. Baden-Württemberg soll zu einer Leitregion für biobasiertes und kreislauforientiertes Wirtschaften werden. Die Strategie setzt nun noch stärker auf den Transfer in die Praxis.
„Eine nachhaltige, kreislauforientierte Bioökonomie verbindet klima- und umweltpolitische Ziele mit wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen und sichert dadurch deren Wettbewerbsfähigkeit in einer klimaneutralen Zukunft. Daher haben wir in Baden-Württemberg bereits 2019 mit der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie die Weichen gestellt. Mit innovativen Verfahren können die heimische Land- und Forstwirtschaft sowie verarbeitende Unternehmen neue Wertschöpfungsnetze aufbauen, die wir dringend benötigen, um fossile Rohstoffe zu ersetzen und eine biogene Kohlenstoffkreislaufwirtschaft aufzubauen“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, am Dienstag, 25. Juni 2024..
Die Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Thekla Walker, betonte: „Mit der Fortschreibung der Landesstrategie ‚Nachhaltige Bioökonomie für Baden-Württemberg‘ wird eine wichtige Grundlage dafür geschaffen, auf dem bislang erfolgreich beschrittenen Weg fortzuschreiten. Unser Ziel ist es, die Bioökonomie in Baden-Württemberg weiter aufzubauen. Nachhaltige Bioökonomie will nach dem Vorbild der Natur durch innovative Verfahren neben erneuerbaren auch sekundäre Rohstoffquellen erschließen. Durch eine Erweiterung der Rohstoffbasis und das Schließen von Stoffkreisläufen wird der Bedarf an Primärrohstoffen verringert. Damit stärken wir Baden-Württembergs Unabhängigkeit von Rohstoffimporten und tragen zum Umwelt- und Klimaschutz sowie zur Schonung der Ressourcen bei.“
Vielversprechende bioökonomische Lösungsansätze
Im Rahmen der ressortübergreifenden Zusammenarbeit des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft wurden vielversprechende bioökonomische Lösungsansätze identifiziert und deren Umsetzung erfolgreich auf den Weg gebracht. Die Fortschreibung der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg für die Jahre 2025 bis 2029 (PDF) wurde am 25. Juni 2024 von der Landesregierung beschlossen. Sie setzt nun noch stärker auf den Transfer in die Praxis. „Ziel ist die Systemintegration einer nachhaltigen Bioökonomie: Mit speziell auf ländliche, industrielle und urbane Räume zugeschnittene Maßnahmen integrieren wir die zirkuläre Bioökonomie in bestehende Strukturen und Wertschöpfungsketten. Damit werden zukunftsorientierte Diversifizierungsmöglichkeiten für Unternehmen eröffnet. Gleichzeitig sollen Kommunen darin gestärkt werden, eine nachhaltige und kreislauforientierte Gestaltung der Stoffströme zu unterstützen“, betonten Thekla Walker und Peter Hauk.
„Ich verspreche mir von der Fortschreibung der Bioökonomiestrategie große Fortschritte im Bereich der Erzeugung von Biomasse und deren In-Wertsetzung für unsere Wirtschaft. Dem Ländlichen Raum Baden-Württembergs mit seinen vielfältigen Kompetenzen und leistungsfähigen Kulturlandschaften kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Denn das Wissen um den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen, die Erzeugung und Weiterverarbeitung von Biomasse zu innovativen Produkten und innovationsfreundliches Unternehmertum sind dort seit Generationen fest verankert. Diese entscheidenden Schlüsselkompetenzen werden wir weiter ausbauen und branchenübergreifend vernetzen. So sichern wir zukunftsfähige Arbeitsplätze und erhalten ein starkes und lebenswertes Baden-Württemberg. Zentrale Maßnahmen sind in diesem Kontext der Aufbau eines Kompetenzzentrums für Angewandte Bioökonomie für den Ländlichen Raum sowie eine breit angelegte Bildungs- und Informationskampagne. Unsere Spitzenposition als Beispielland für eine Transformation hin zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten und regenerativen Wirtschaftsweise wollen wir auf diese Weise weiter festigen“, erklärte Minister Hauk.
Bioökonomie als zentraler Innovationstreiber
„Es zeigt sich immer wieder: Die Bioökonomie ist ein zentraler Innovationstreiber für unsere Wirtschaft. Mit der Fortschreibung der Landesstrategie wollen wir die Bioökonomie zu einem starken Impulsgeber entwickeln und dazu beitragen, die industrielle Wertschöpfung im Land zu erhalten sowie den Industriestandort Baden-Württemberg langfristig zu sichern. Durch die verfahrenstechnische Nutzung biologischer Prozesse können Rohstoffe und nachhaltige Produkte unter anderem für die chemische Industrie, die Bau- und Energiewirtschaft sowie die Bereiche der Ver- und Entsorgung bereitgestellt werden. Daher stehen in unserem Fokus unter anderem die Weiterentwicklung und Einführung bioökonomischer Verfahren für die Kreislauf- und Abfallwirtschaft. Bei der Entwicklung von Lösungsansätzen für die biologische Transformation wird zudem die Ressource Wasser und dabei insbesondere auch die Nutzung von industriellen Abwässern als Rohstoffquelle verstärkt in den Blick genommen“, sagte Ministerin Walker.
„Die Erwartungen der Akteure sind wie auch die sichtbaren Erfolge groß: Baden-Württemberg ist inzwischen Beispielland für die nachhaltige Bioökonomie und wird international wahrgenommen. Und das werden wir weiter bestärken. Ich freue mich daher, dass beispielsweise die Landeshauptstadt Stuttgart mit Unterstützung durch das Umweltministerium, als weltweit erste Stadt überhaupt, eine eigene urbane Bioökonomiestrategie entwickelt hat. Diese erfolgreiche Multiplikatorenfunktion der Bioökonomiestrategie werden wir aktiv fortführen.“
Mit der bereits im Jahr 2019 beschlossenen, ressortübergreifenden Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg wird angestrebt, Baden-Württemberg zu einer Leitregion für biobasiertes, kreislauforientiertes Wirtschaften zu entwickeln.
Die sichere Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit gesunden Lebensmitteln, die gleichzeitige Erschließung erneuerbarer und recycelbarer Rohstoffquellen zur stofflichen und energetischen Nutzung und der notwendige Schutz der Primärressourcen Wasser, Luft und Boden sowie der Biodiversität erfordern innovative Ansätze, die die Gesamtprozesse betrachten. Angesichts dieser Herausforderungen ist ein ökonomisches Denken und Handeln gefordert, welches eine regenerative Ausrichtung fördert und eine zirkuläre Wirtschaft nach dem Vorbild der Natur ermöglicht. Die wissensbasierte Bioökonomie bietet Lösungsansätze für diese Herausforderungen und kann gleichzeitig die internationale Wettbewerbsfähigkeit Baden-Württembergs als Wirtschaftsstandort stärken. Um zu erreichen, dass diese Ansätze zukünftig konsequenter genutzt und ausgebaut werden, spielen die Vernetzung von Akteuren, Information und Dialog sowie Qualifizierung und Weiterbildung eine wichtige Rolle im Rahmen der Handlungsfelder der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie.
Im Bereich der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft wird unter Anwendung von biologischem und technologischem Wissen sowie der Digitalisierung an innovativen Lösungsansätzen für eine nachhaltige, regionale Rohstoffversorgung gearbeitet.
Dies kann bedeuten, dass neue klimaangepasste Pflanzensorten entwickelt oder biologische Methoden im Pflanzenschutz angewandt werden. Hochwertige Materialien aus biogenen Rohstoffen können solche aus fossilen Rohstoffen nicht nur ersetzen, sondern sie überzeugen auch durch funktionale Eigenschaften, zum Beispiel im Leichtbau oder zum Ersatz für problematische Stoffe. Eine weitere Priorität hat die Potenzialausschöpfung von bislang unzureichend genutzten Nebenprodukten und Seitenströmen. Durch moderne Produktions- und Konversionsverfahren und eine konsequente Nährstoffrückführung trägt die zirkuläre Bioökonomie zum Schutz der natürlichen Ressourcen, der Biodiversität und des Klimas bei.
Für Baden-Württemberg als technologieorientiertes, rohstoffarmes Land ist die nachhaltige Versorgung mit Rohstoffen ein zentrales Thema der biologischen Transformation. Biologische Fähigkeiten ermöglichen beispielsweise die Erschließung von Metallen aus gering konzentrierten Quellen. Damit kommt der Erschließung sekundärer Rohstoffquellen eine besondere Rolle zu. Geeignet sind Abfälle, Abwässer, Kohlendioxid (CO2) und Abluft. Wichtige Themen sind dabei für das Umweltministerium beispielsweise die Weiterentwicklung und industrielle Skalierung von CO2-Recycling-Prozessen nach dem Vorbild der Natur. Dabei werden unter anderem biotechnische Verfahren genutzt, um Kohlenstoff aus der Luft oder konzentriertem Abgas zu gewinnen und als Rohstoff der Wirtschaft wieder verfügbar zu machen und so gleichzeitig die Atmosphäre zu entlasten. Eine weitere Priorität hat der Ausbau des „Bio-urbanmining“, bei dem Metalle oder Nährstoffe in urbanen und industriellen Bioraffinerien gewonnen werden.