Obwohl Motorräder ein geringes Aufkommen am Gesamtverkehr haben, werden fossil-betriebene Motorräder durch die oft hohen Lautstärken und dem speziellen Klangcharakter als besonders störend wahrgenommen. Das Verkehrsministerium und der Arbeitsring Lärm diskutieren mit Experten Lösungsansätze.
Die Motorradsaison 2019 geht zu Ende und viele Menschen im Land atmen auf. Mit Spitzenwerten über 100 dB(A) werden Anwohnerinnen und Anwohner an beliebten Motorradstrecken alljährlich geplagt – der Lärm erreicht ein Vielfaches von städtischen Hauptverkehrsstraßen. Derzeit gelten in Deutschland für den Verkehrslärm Richtwerte von 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht. Eine Pegeländerung um 10 Dezibel (dB) entspricht etwa einer Verdopplung beziehungsweise Halbierung der subjektiv empfundenen Lautstärke.
Grund genug für das Verkehrsministerium gemeinsam mit dem Arbeitsring Lärm (ALD) der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) im Rahmen einer Fachtagung am 21. Oktober technische, rechtliche, planerische und kommunikative Lösungsansätze gegen den Motorradlärm zu diskutieren. Rund 130 Akteure aus Politik, Verwaltung, Polizei, Verbänden und Initiativen sind der Einladung nach Stuttgart gefolgt.
Hohe Lärmbelastungen im Land sollen verringert werden
Für den Lärmschutzbeauftragten der Landesregierung, Thomas Marwein, ist die Fachtagung ein weiterer Baustein im Bemühen des Landes, gegen den zunehmenden und unnötigen Motorradlärm vorzugehen. Bei seiner Eröffnungsrede stellte der Beauftragte konkrete Forderungen an die politisch Verantwortlichen, an Hersteller und Händler von Motorrädern sowie an Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer „Motorräder müssen leiser werden und die Fahrzeuge müssen leiser gefahren werden.“ Motorradlärm könne gemindert werden, wenn die bestehenden Regelungen für Genehmigung und Zulassung der Maschinen angepasst würden. „Hier ist die Bundespolitik gefragt, aktiv zu werden. Wir brauchen eine ambitionierte Neufassung dieser Regelungen“, verdeutlichte Marwein, der die Fachtagung mitinitiiert hat. Aber auch ein Umdenken der Hersteller und Händler von Motorrädern sei dringend angezeigt – hin zu einer nachhaltigen und lärmarmen Mobilität, sagte der Lärmschutzbeauftragte, denn nur so könnten die hohen Lärmbelastungen im Land verringert werden. Weniger laute Maschinen gäbe es schon heute und leise Elektromotorräder kämen auf den Markt.
Der Vorsitzende des Arbeitsrings Lärm der Deutschen Gesellschaft für Akustik, Michael Jäcker-Cüppers, hob die Bedeutung einer Zusammenkunft von Expertinnen und Experten hervor: „Die starke Nachfrage an der Fachtagung zeigt, dass uns der Motorradlärm vor große Herausforderungen stellt und dringend etwas geändert werden muss. Die Landesregierung von Baden-Württemberg nimmt durch verschiedene Anstrengungen eine Vorreiterrolle ein – das merken wir auch in Berlin.“
Elektro-Antrieb wird in Zukunft auch bei Motorrädern eine größere Rolle spielen
Motorräder haben zwar ein geringes Aufkommen am Gesamtverkehr, jedoch werden fossil-betriebene Motorräder durch die oft hohen Lautstärken und dem speziellen Klangcharakter als besonders störend wahrgenommen. Messungen an Strecken in Baden-Württemberg zeigen, dass etwa zehn Prozent der Motorräder bei Lärmpegeln zwischen 91 und 100 dB(A) liegen, bei PKW waren es gerade einmal ein Prozent.
Anders sieht das bei Elektromotorrädern aus, bei denen die Lärmwerte deutlich niedriger liegen. Der Elektro-Antrieb wird in Zukunft nicht nur bei PKW eine große Rolle spielen, sondern auch bei Motorrädern, da Motorräder dank guter Beschleunigung den Fahrspaß liefern, den Motorradfahrer wollen – ohne infernalischen Lärm. Die Experten der Fachtagung waren sich einig: Eine flächendeckende Lärmlösung lässt sich nur durch Anpassungen der Genehmigungs- und Zulassungsregelungen für Motorräder und den Umstieg auf nachhaltige und somit lärmarme Mobilität erreichen.