Die Polizei Baden-Württemberg beteiligte sich mit Erfolg am bundesweiten Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Zahlen, Daten, Fakten zur organisierten Kriminalität und Wirtschaftskriminalität sowie konkrete Ermittlungserfolge erläutert Innenminister Thomas Strobl.
„Das organisierte Verbrechen in Europa hat viele Gesichter. Es ist oft getarnt durch eine Maske, hinter der sich nicht nur Banden, sondern auch sehr unterschiedliche Formationen – mitunter in losen, flexiblen Netzwerken – zusammentun. Das Phänomen der Organisierten Kriminalität ist eine Herausforderung, eine Bedrohung für den Rechtsstaat, auch in Deutschland, auch in Baden-Württemberg. Im vergangenen Jahr gelang unseren Ermittlerinnen und Ermittlern einmal mehr ein wichtiger Schlag gegen das organisierte Verbrechen im Bereich der internationalen Rauschgiftkriminalität“, erläuterte der Stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl in Stuttgart. Im Dezember 2018 sind 102 Kilogramm Kokain sichergestellt worden, die auf einem Frachtschiff von Südamerika nach Europa geschmuggelt worden waren. Vorausgegangen waren umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, die letztlich dazu führten, dass das Containerschiff im Hamburger Hafen identifiziert und durchsucht werden konnte.
Bundesweit konnte vergangenes Jahr ein starker Anstieg der Zahl albanischer Tatverdächtiger im Bereich der Rauschgiftkriminalität festgestellt werden. Deshalb ist es folgerichtig, dass wir unsere Ermittler international vernetzen. So wurde unter Federführung Baden-Württembergs das Projekt „Organisierte Rauschgiftkriminalität Kosovo Albanien“ (ORKA) ins Leben gerufen. „Ziel des Projekts ist die grenzüberschreitende Bekämpfung international agierender Drogenhändlerringe. Mit neun weiteren Bundesländern, dem Bundesamt für Polizei Bern/Schweiz, Europol und der Generaldirektion der Staatspolizei Tirana/Albanien hat sich eine schlagkräftige, interdisziplinäre Kooperationsgemeinschaft gebildet“, erklärte Innenminister Thomas Strobl.
Zahlen, Daten, Fakten
Die Rauschgiftkriminalität stellt mit 51 Prozent den größten Phänomenbereich innerhalb der Organisierten Kriminalität (OK) dar. Es folgen die Eigentumskriminalität und Straftaten im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben mit jeweils 17 Prozent. Im Jahr 2018 wurden von den Polizeidienststellen des Landes insgesamt 37 OK-Verfahren (2017: 40) sowie 199 (2017: 189) Bandenverfahren geführt. Die Fallzahlen im Deliktsbereich Wirtschaftskriminalität stiegen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 59 Prozent auf 10.331 Fälle an, was insbesondere auf ein Ermittlungsverfahren wegen Anlagebetruges mit vielen Geschädigten zurückzuführen ist. „Die Polizei setzt zur Kriminalitätsbekämpfung in diesem Phänomenbereich auch Quereinsteiger aus der Privatwirtschaft ein, welche die Sonderlaufbahn Wirtschaftskriminalistinnen und Wirtschaftskriminalisten durchlaufen. Da die Wirtschaftskriminalität mit einem verursachten Vermögensschaden von 395 Millionen Euro für mehr als die Hälfte des Gesamtschadens verantwortlich ist, den die Kriminalität in Baden-Württemberg im Jahr 2018 verursachte, sind wir auf die Expertise von Quereinsteigern angewiesen. Deshalb schreiben wir auch in diesem und in den kommenden Jahren Stellen aus, auf welche sich beispielsweise Personen mit einem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre, aus dem Banken- oder Wirtschaftsprüfungssektor bewerben können, um dann in den gehobenen Polizeivollzugsdienst übernommen zu werden“, erklärt der Innenminister.
Menschenhandel
Ein weiterer herausragender Erfolg war die Verurteilung des Betreibers der Bordellkette „Paradise“ und seines für Marketing verantwortlichen Mitarbeiters wegen Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und Betrug vor dem Landgericht Stuttgart. „Mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren für den Bordellbetreiber und einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten für dessen „Marketingchef“ wurde ein wichtiges Zeichen gesetzt. Erstmals wurde auch ein Bordellbetreiber wegen Beihilfe zum Menschenhandel belangt“, resümierte Innenminister Thomas Strobl. Die langjährigen und aufwendigen Ermittlungen der Polizei führten außerdem dazu, dass elf weitere Menschenhändler und Zuhälter aus dem Rockermilieu zu Freiheitstrafen zwischen 7 Monaten und 6 Jahren verurteilt wurden.
Rockerähnliche Gruppierungen
Langjährige Freiheitsstrafen wurden auch gegen ehemalige Mitglieder des rockerähnlichen Gruppierung „Osmanen Germania Boxclub“ (OGBC) verhängt. Der Verein wurde 2018 bundesweit verboten, da sein Zweck und seine Tätigkeit den deutschen Strafgesetzen zuwiderliefen. Vom Landgericht Stuttgart wurden im Januar 2019 unter anderem der „Weltpräsident“, dessen Stellvertreter sowie weitere Mitglieder der Führungsriege zu Freiheitstrafen zwischen vier und acht Jahren verurteilt. „Das ist das Ergebnis hervorragender Ermittlungsarbeit unserer Polizei in Baden-Württemberg, insbesondere auch von unserem Landeskriminalamt (LKA), und zeigt die Wehrhaftigkeit unseres Rechtsstaates“.
Vorsicht, Abzocke!
Mit Besorgnis wurde im vergangenen Jahr ein starker Anstieg der Fallzahlen im Bereich der sogenannten „Falschen Polizeibeamten“ registriert. Alleine in Baden-Württemberg wurden 2018 mehr als 7.000 Fälle angezeigt. Damit haben sich die Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Etwa 97 Prozent der Fälle bleiben erfreulicherweise im Versuchsstadium stecken, da die Opfer die Betrugsmasche immer häufiger erkennen. „Das zeigt, dass die flächendeckende Präventionsarbeit der Polizei wirkt. Die Betrüger geben sich am Telefon als Polizeibeamte aus und verwenden häufig ähnliche Geschichten. Sie setzen ihre Opfer etwa mit Warnungen über angeblich bevorstehende Einbrüche solange unter Druck, bis diese Bargeld, Schmuck und teilweise sogar ihr gesamtes Vermögen zur angeblich sicheren Verwahrung bei der Polizei einfach vor die Haustüre legen oder Fremden übergeben“, erklärt der Innenminister.
Die organisierten Tätergruppierungen agieren aus Call-Centern im Ausland und rufen täglich tausende Seniorinnen und Senioren an. „Wir setzen alles daran, um den Tätern habhaft zu werden“, bekräftigt Strobl: „Hierzu haben wir beim Landeskriminalamt und bei regionalen Polizeipräsidien spezialisierte Ermittlungsgruppen eingerichtet, die sich bundesweit und international vernetzen und mit Hochdruck daran arbeiten, die Täter zu identifizieren und festzunehmen. Das gelingt auch immer wieder erfolgreich. Selbstverständlich sind wir dabei auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.“
Ein herausragender Ermittlungserfolg gelang im Februar 2019 einer beim Polizeipräsidium Heilbronn eingerichteten Ermittlungsgruppe. Diese konnte insgesamt 20 Täter identifizieren, die bundesweit ihr Unwesen trieben und knapp 500.000 Euro erbeuteten. In einer gezielten Durchsuchungs- und Festnahmeaktion in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gelang es den Beamten, eine Vielzahl an Beweismitteln sicherzustellen und Täter festzunehmen.