Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut hat in Berlin den Vertrag für das erste bolivianisch-deutsche Joint Venture zur Aufbereitung und Weiterverarbeitung von Lithium in Bolivien unterzeichnet. Dadurch erhalten baden-württembergische Unternehmen schnell, zuverlässig und preislich wettbewerbsfähige Batterien.
Im Rahmen eines Festakts ist am 12. Dezember 2018 in Berlin der Vertrag zur Gründung eines Joint Ventures zwischen dem bolivianischen Staatsunternehmen YLB Yacimientos de Litio Bolivianos und ACI Systems Alemania (ACISA) unterzeichnet worden.
Neben Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut und den Partnern des Joint Ventures nahmen an dem Festakt in der Landesvertretung Baden-Württembergs beim Bund auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der bolivianische Außenminister Diego Pary Rodriguez, der bolivianische Energieminister Rafael Alarcón Orihuela sowie über 100 Gäste aus Politik und Wirtschaft teil.
Lithiumoligopol aufbrechen
„Der zügige Ausbau der Elektromobilität ist entscheidend auch davon abhängig, wie schnell, zuverlässig und preislich wettbewerbsfähig unsere Hersteller die dafür notwendigen Batterien erhalten. Derzeit sind Deutschland und Europa in diesem Segment jedoch nahezu vollständig abhängig von asiatischen Herstellern. Um dies zu ändern, muss Deutschland nicht nur selbst in die Batteriezellenproduktion einsteigen. Für den erfolgreichen Aufbau einer Zellproduktion muss zudem die dafür notwendige Gewinnung und Aufarbeitung des Rohstoffes Lithium sichergestellt werden“, sagte Hoffmeister-Kraut. Dazu leiste das Joint Venture zur Lithium-Gewinnung in Bolivien einen bedeutenden Beitrag.
Derzeit bestehe global gesehen im Bereich der Lithiumproduktion ein Oligopol. Es sei daher im wirtschaftspolitischen Interesse Deutschlands und Europas, dass durch die Beteiligung hiesiger Unternehmen mehr Wettbewerb auf diesem wichtigen Markt entstehe, betonte Hoffmeister-Kraut. ACISA ist ein Tochterunternehmen der im baden-württembergischen Zimmern ob Rottweil ansässigen ACI Group.
Bei den für Baden-Württemberg besonders relevanten Wertschöpfungsketten der Automobilindustrie, aber auch in den Bereichen Power-Tools und Home & Garden werde künftig ein dominierender Wertschöpfungsanteil im elektrischen Speichersystem liegen, so die Wirtschaftsministerin. Die Batterie sei hierbei nicht nur aus technologischer Sicht der Schlüssel, sondern habe auch volkswirtschaftlich weitreichende Dimensionen. Nach Angaben der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) könnten – betrachte man den Automotive-Bereich – 30 bis 40 Prozent der Wertschöpfung am Gesamtfahrzeug mit der Batterie erreicht werden, etwa 60 bis 80 Prozent davon alleine durch die Batteriezellen. Die Wertschöpfung bei der Zellfertigung wiederum liege zu etwa 60 bis 70 Prozent im Bereich der Rohstoffgewinnung und -aufarbeitung, hier vor allem in der Aufarbeitung.
Umweltverträglicher und fairer Abbau
Sie freue sich, dass es dem deutschen Konsortium mit seinem Gesamtkonzept gelungen sei, die bolivianischen Partner zu überzeugen. Dieser Erfolg sei „für beide Seiten strategisch nicht zu unterschätzen“, so Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin.
Es gelte nun, die wirtschaftlichen mit den umwelt- und gesellschaftspolitischen Anforderungen in Einklang zu bringen. Hoffmeister-Kraut: „Nur, wenn es allen Akteuren gelingt, den Prozess für die einzigartige Landschaft in Bolivien verträglich und für seine heimische Bevölkerung positiv zu gestalten, ist eine langfristige Akzeptanz des Projektes sichergestellt.“ Die von ACISA bekanntgegebenen Bestandteile des Gesamtkonzeptes, das ein wesentlicher Bestandteil für die Auftragsvergabe durch die bolivianische Regierung gewesen sei, seien dabei eine gute und wichtige Grundlage.
Wirtschaftsministerium Mediathek: Bilder des Festakts (ab 13. Dezember)
Über das Joint Venture
In dem neu gegründeten Joint Venture entfallen 51 Prozent der Anteile an das bolivianische Staatsunternehmen YLB, die restlichen Anteile werden von ACI Systems Alemania gehalten.
Die Laufzeit des Vertrages geht über 70 Jahre und beinhaltet im Wesentlichen:
- Produktionskapazität: 30 bis 40.000 Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr;
- Gesamtinvestition: 300 bis 400 Millionen Euro im Lithiumbereich.
- Arbeitsplätze: bis zu 1.000 direkte und etwa 10.000 indirekte (Schätzung des Unternehmens).
- Geplanter Produktionsstart: 2022.
Darüber hinaus soll mit einer Vielzahl weiterer Maßnahmen versucht werden, die Rahmenbedingungen des Abbaus gegenüber jenen in Nachbarländern deutlich zu verbessern sowie umwelt- und gesellschaftsverträglich zu gestalten. Dazu zählen unter anderem:
- Eine lokale additive Stromversorgung durch Photovoltaik-Anlage mit Batteriespeichersystemen: daraus ergibt sich eine CO2-Einsparung von etwa 40.000 Tonnen pro Jahr.
- Die Erstellung einer Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung nach internationalen Standards (IFC).
- Ein neuartiger, innovativer Prozess mit hoher Lithiumausbeute, der die Gewinnung von Lithiumhydroxid aus Restsole mit hoher Ausbeute trotz hohem Magnesiumanteil gewährleistet.
- Deutliche Reduktion des Wasserverbrauchs im Vergleich zu den bisher eingesetzten Technologien.
- Entwicklung und Umsetzung einer Stakeholder-Strategie, um die Interessen der lokalen Bevölkerung in dem Projekt zu berücksichtigen.
- Technologietransfer durch Ausbildung und Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen einer deutsch-bolivianischen Ausbildungspartnerschaft.