Die Steuerverwaltung in Baden-Württemberg hat 2017 rund 77,8 Milliarden Euro Steuereinnahmen verbucht, die Zahl der Veranlagungsfälle erreichte einen Höchststand. Eine gut funktionierende Steuerverwaltung sei Grundlage dafür, dass das Gemeinwesen funktioniere, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann bei der Vorstellung der Leistungsbilanz der Steuerverwaltung.
Die baden-württembergische Steuerverwaltung hat im Jahr 2017 rund 77,8 Milliarden Euro Steuereinnahmen verbucht. Das entspricht einem Anstieg von 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Von diesen Einnahmen fließen rund 38 Milliarden Euro in die Landeskasse, die restlichen Steuern erhalten der Bund und die Kommunen. Zu rund 80 Prozent speist sich der Landeshaushalt aus diesen Einnahmen.
„Eine gut funktionierende Steuerverwaltung ist Grundlage dafür, dass unser Gemeinwesen funktioniert. Dank der Steuerverwaltung können Polizistinnen für unsere Sicherheit sorgen, Lehrer unsere Kinder unterrichten und wir den Sanierungsstau bei Landesgebäuden abbauen“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann bei der Vorstellung der Leistungsbilanz der Steuerverwaltung für das Jahr 2017 gemeinsam mit Oberfinanzpräsidentin Andrea Heck. „Die gute Arbeit der rund 16.000 Beschäftigen ist beispielsweise Grundlage dafür, dass wir zusammen mit den Kommunen 1,6 Milliarden Euro vor allem in bessere Kinderbetreuung, die Digitalisierung unserer Schulen und Modernisierung unserer Krankenhäuser investieren können“, so Sitzmann.
Zahl der Veranlagungsfälle auf Höchststand
Die Zahl der Fälle für Einkommensteuer- und Arbeitnehmerveranlagungen lag im vergangenen Jahr bei einem Höchststand mit rund 3,94 Millionen Fällen, die von der Finanzverwaltung des Landes bewältigt worden sind. Im Jahr davor waren es rund 60.000 Fälle weniger (2016: 3,88 Millionen Steuerfälle).
„Obwohl 2017 so viele Fälle verarbeitet werden mussten wie nie zuvor, konnten wir die unerledigten Einsprüche um zusätzliche 20.000 abbauen“, sagte Sitzmann. Und Oberfinanzpräsidentin Heck ergänzte: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben seit 2014 die Bestände an unerledigten Einsprüchen kontinuierlich reduzieren können. Das war ein Kraftakt. Das Rekordtief spricht für die Qualität und den Einsatz unserer Finanzverwaltung.“
Innovative Digitalisierungsprojekte erhalten Zukunftsfähigkeit der Steuerverwaltung
Die Digitalisierung stellt auch die Finanzverwaltung vor große Herausforderungen. Als Pilotprojekt sind mit den sogenannten „Finanzämtern der Zukunft“ in diesem Frühjahr fünf Modellämter gestartet, in denen Digitalisierungsprojekte erprobt und Prozessabläufe der Finanzverwaltung modernisiert werden. Ebenso geht es darum, die Steuerverwaltung als Arbeitgeberin attraktiv zu halten. In der digitalen Kommunikation und beim Bürgerservice werden Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen die größten Auswirkungen spüren. „Die Finanzämter der Zukunft stehen am Anfang, aber die ersten Rückmeldungen von unseren Kunden sind bereits sehr positiv“, so Sitzmann. Bei den Zentralen Informations- und Annahmestellen stehen beispielsweise speziell eingerichtete ELSTER-Computer für eine individuelle und passgenaue Beratung zur Verfügung. Dieses Beratungsangebot wird von den Bürgerinnen und Bürgern gut angenommen. Die Finanzämter gehen dabei auf die individuellen Terminwünsche ein, so dass Schulungen beispielsweise auch nach 18 Uhr angeboten werden.
ELSTER-Quote weiter angestiegen
Auch die ELSTER-Quote stieg im Jahr 2017 weiter an und lag bei knapp über 60 Prozent. „Damit nimmt Baden-Württemberg unter den Flächenländern erneut einen der vorderen Plätze bei der Digitalisierung ein“, sagte die Finanzministerin. Werden Steuererklärungen in Papierform abgegeben, ist ein weiteres wichtiges Instrument das zentrale Scanzentrum in Karlsruhe. In diesem werden die Erklärungen zentral für ganz Baden-Württemberg in hoher Qualität gescannt, in Spitzenzeiten bis zu 16.000 Erklärungen täglich. Das entspricht bei durchschnittlich 12 Seiten pro Erklärung rund 200.000 Seiten am Tag. „Durch die Digitalisierung können die Fälle ein vollautomatisches Risikomanagementsystem durchlaufen“, führte Heck aus. „Teilweise wird nach dem Durchlauf ein vollautomatisch erstellter Bescheid erlassen. Mit dieser Vorgehensweise sparen wir Zeit für die Bearbeitung von komplexen Fällen. Unsere innovativen Digitalisierungsprojekte erhalten die Zukunftsfähigkeit der Steuerverwaltung“.
Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro erhöhen
Finanzministerin Sitzmann betonte, dass nicht nur die Digitalisierung Steuerfälle einfacher machen soll. Auch die Politik sei in der Verantwortung zu prüfen, wie für Entlastungen und Entbürokratisierung gesorgt werden kann. „Im Herbst werde ich auf Bundesebene beantragen, die Abschreibungsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro zu erhöhen“, kündigte Sitzmann an. Bereits im Frühjahr 2017 wurde diese Grenze von Baden-Württemberg vorgeschlagen. Die damalige Große Koalition einigte sich jedoch bei 800 Euro. „Für Betriebe ist es eine erhebliche Entlastung, wenn geringwertige Güter wie Laptops oder Mobiltelefone auch zwischen 800 und 1.000 Euro sofort abgeschrieben werden könnten. Damit würde die bürokratiebelastete Poolabschreibung auf fünf Jahre komplett überflüssig“, so Sitzmann.
Neue Kampagnen zur Personalgewinnung
„Wir haben im gehobenen Dienst steigende Bewerberzahlen und ein konstant hohes Niveau beim mittleren Dienst“, sagte Sitzmann zur Ausbildungssituation. Durch die Erhöhung der Anwärterzahlen auf jährlich insgesamt 900 Auszubildende für den mittleren und gehobenen Dienst können nicht nur die Altersabgänge ausgeglichen, sondern ab dem Jahr 2020/2021 nahezu alle Stellen besetzt werden. Die im vergangenen Jahr gestarteten neuen Kampagnen „Steuer: kann ich auch!“ und „Zu höherem Dienst berufen?“ tragen in Kombination mit modernen Messeauftritten auf Ausbildungs- und Karrieretagen zur Personalgewinnung bei. Der erst vor zwei Jahren eingeführte Märzjahrgang des dualen Studiums in Ludwigsburg verzeichnete 2017 rund 1.000 Bewerbungen auf 90 Plätze. „Viele junge Menschen sehen, dass wir ein attraktiver Arbeitgeber sind“, so Sitzmann.