Das im Bundesrat beschlossene Gesetz über die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds erfüllt langjährige Forderungen aus Baden-Württemberg und verbessert die Rechte für Pauschalreisetouristen. Hinsichtlich der Vorkasse-Praxis in der Reisebranche besteht aus Sicht von Verbraucherschutzminister Peter Hauk allerdings noch Luft nach oben.
„Manchmal braucht es einen langen Atem, bis politische Forderungen in Gesetzesform aufgehen. Aber wenn insbesondere großen Reiseunternehmen finanziell die Luft ausgeht, hingen bisher vor allem die Verbraucher als die schwächeren Vertragspartner in der Luft, strandeten am Urlaubsort und blieben auf hohen Kosten sitzen, weil die bestehende Absicherung nicht ausgereicht hat“, sagte der baden-württembergische Verbraucherschutzminister Peter Hauk in Berlin mit Blick auf die Entscheidung des Bundesrates zum Gesetz über die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (PDF). Baden-Württemberg mache bereits seit Jahren im Bundesrat Druck, um die Absicherung der Kundengelder in diesem Reisesektor zu verbessern.
Seit 2016 setzt sich Baden-Württemberg im Rahmen des Bundesratsverfahrens zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie für die Schaffung eines wirksameren Insolvenzschutzes ein, beispielsweise in Form eines Sicherungsfonds für vorausbezahlte Pauschalreisekosten.
Faires Miteinander von Verbraucher und Anbieter im Insolvenzfall
„Auch schon vor der Insolvenz von Thomas Cook und den Auswirkungen von Corona auf die Branche war ganz klar, dass die nationalen Regelungen zur Kundengeldabsicherung bei Pauschalreisen weder die europäische Pauschalreiserichtlinie vollständig umgesetzt haben, noch auch nur annähernd dem Anspruch gerecht werden konnten, die Rahmenbedingungen für ein faires wirtschaftliches Miteinander von Verbraucher und Anbieter im Insolvenzfall stellen zu können“, betonte Minister Hauk.
„Ein faires Miteinander lebt von solidarischen Elementen: Die Systemumstellung auf einen brancheninternen solidarischen Reisesicherungsfonds stellt hier die Rechtsverhältnisse insgesamt – auch innerhalb der Pauschalreiseanbieter – auf verantwortungs- und damit auch auf vertrauensvollere Füße“, so der Minister.
Minister Hauk habe die letzten Monate sowohl den Verbraucherorganisationen als auch den mittelständischen Reiseunternehmen im Land zugehört. So könne er deren Bedenken über die Bemessung des Anteils des abzusichernden Risikos (22 Prozent des Umsatzes von Pauschalreisen) oder zu der Frage, ab welcher Umsatzgröße Unternehmen zur Teilnahme am Reisesicherungsfonds verpflichtet werden sollten, durchaus nachvollziehen.
Vorkasse-Praxis bei individuell zusammengestellten Reisen verbesserungsfähig
„Damit ein System aber für beide Seiten funktioniert, ist es wichtig, es in eine gute Balance zu bringen“, sagte Hauk mit Blick auf die zukünftigen gesetzlichen Regelungen. So sei es auch für die Unternehmen von großer Bedeutung, dass die Verbraucher weiterhin großes Vertrauen in die Reisebranche setzten. „Unterm Strich bringt der Reisesicherungsfonds für Pauschalreisende eine enorme Verbesserung für die Absicherung ihrer geleisteten Zahlungen und den sicheren Heimtransport, wenn der Reiseanbieter insolvent geht“, stellte der Minister fest.
Mögliches Verbesserungspotential sieht Hauk allerdings immer noch bei der Vorkasse-Praxis, die sich durch alle Reisebranchen ziehe. „Viele Reisen werden individuell von Verbrauchern zusammengestellt, ohne dass hier die geleisteten Anzahlungen gleichwertig wie im Pauschalreisebereich abgesichert wären“, stellte der Minister fest und sieht die Herausforderung darin, dass Verbraucher nicht alleine aus Angst vor einem möglichen finanziellen Verlust zu einer Pauschalreise greifen müssten. Daher sei speziell mit Blick auf die individuellen Flugreisen und der fehlenden Insolvenzabsicherung in diesem Reisesektor noch Raum für Diskussion und politisches Handeln.
Verbraucherzentrale Bundesverband: Reisesicherungsfonds bedeutet Verbraucherschutz
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