Ein dramatischer Mangel an Hebammen im Land bringt die Geburtshilfe in Gefahr – das Sozial- und Integrationsministerium will einen runden Tisch ins Leben rufen. Spätestens im Januar sollten dazu alle betroffenen Akteure zusammengetrommelt werden, sagte Staatssekretärin Bärbl Mielich der Deutschen Presse-Agentur.
Mielich: „Ziel ist, ein Versorgungskonzept zu erarbeiten, damit Frauen vor und während der Geburt angemessen betreut werden können und auch die Nachsorge sichergestellt ist“, sagte sie. „Wir haben es sehr eilig.“
Hintergrund ist, dass immer mehr Hebammen aufgeben oder junge Frauen ihn gar nicht erst ergreifen. Sie klagen über die Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung und zu viele Überstunden in unterbesetzten Geburtshilfestationen. Freiberuflerinnen können sich außerdem die hohen Haftpflichtprämien nicht mehr leisten. „Wir müssen diese Entwicklung stoppen“, sagte Mielich. In einigen Regionen seien Geburtshilfestationen bereits unterbesetzt – etwa im Ballungsraum Stuttgart oder der Rhein-Neckar-Region.
Die Neujustierung der Haftpflichtprämien sei zwar Bundessache. Man müsse aber auch auf Landesebene Wege finden, die Arbeitsbedingungen für Hebammen in den Krankenhäusern zu verbessern. Als Grundlage dafür sollten die vom deutschen Hebammenverband entwickelten Eckpunkte für gute Geburtshilfe genommen werden. Darin werden unter anderem mehr Hebammenstellen in den Krankenhäusern gefordert.
Die Vorsitzende des Hebammenverbandes Baden-Württemberg malte ein düsteres Bild: „Ich habe das Gefühl, es ist fast schon zu spät“, sagte Jutta Eichenauer. Oft höre sie Geschichten von dramatischen Geburtsverläufen und traumatisierten Frauen, die nicht angemessen betreut werden konnten. „Wenn ich heute entbinden müsste, würde ich nach Schweden oder Holland gehen.“
Mielich betonte: „Von einer Eins-zu-Eins-Versorgung für Gebärende wie sie der Hebammenverband empfiehlt, sind wir weit entfernt – und wir entfernen uns immer weiter davon.“ Eine einzige Hebamme müsse zum Teil drei und mehr Frauen gleichzeitig bei der Geburt betreuen. Das erhöhe das Risiko enorm – „denn 98 Prozent der Geburten finden im Krankenhaus statt.“ Für eine bessere Personalausstattung in den Kliniken müssten die Akteure dann auch Geld in die Hand nehmen.
Mit am runden Tisch sitzen sollen Vertreter der Hebammen, der Krankenkassen, der Frauenärzte, der Landesärztekammer sowie der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft. Der runde Tisch soll am Mittwoch auf der Landesgesundheitskonferenz beschlossen werden.
Im Land gibt es 270 Krankenhäuser, 80 davon haben laut Ministerium eine Abteilung für Geburtshilfe. Die Zahl festangestellter Hebammen beläuft sich nach Daten aus dem Jahr 2014 auf knapp 1400.
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dpa/lsw