Neben privaten Räumen ist das öffentliche Nachtleben einer der häufigsten Schauplätze für sexualisierte Gewalt. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration hat eine Kampagne mit Schulungskonzept für mehr Sicherheit im Nachtleben entwickelt.
Fast jede siebte Frau in Deutschland ist von sexualisierter Gewalt betroffen, Tendenz steigend. Neben privaten Räumen ist das öffentliche Nachtleben einer der häufigsten Schauplätze für sexualisierte Gewalt. Mit der Kampagne „nachtsam. Mit Sicherheit besser feiern“ hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg nun zum ersten Mal landesweit Präventionsmaßnahmen zu Gefahren wie sexuelle Belästigung und Übergriffe im Nachtleben entwickelt.
Schulungskonzept für Mitarbeitende in Einrichtungen des Nachtlebens
Dabei werden die Beschäftigten in Einrichtungen des Nachtlebens gezielt sensibilisiert und vernetzt, sie erhalten außerdem Schulungen zu den Themen sexuelle Belästigung, Bedrohung und Grenzüberschreitung in der Gastronomie, in Diskotheken sowie auf öffentlichen Plätzen. Dadurch soll die Sicherheit von Frauen verbessert und das individuelle Sicherheitsempfinden erhöht werden. Mit dem Projekt, das von der Beratungsstelle Frauenhorizonte Freiburg e. V. zentral entwickelt und koordiniert wird, verfolgt das Ministerium das Ziel, möglichst viele Einrichtungen des Nachtlebens für entsprechende Maßnahmen zu gewinnen und zu sensibilisieren.
„Jeder Nachtclub, jede Bar und jede Gastronomieeinrichtung, aber auch jede Veranstalterin und jeder Veranstalter öffentlicher Feste kann zur Sicherheit von Frauen im Nachtleben beitragen. Die Schulungen und Plakate der Kampagne bieten dafür sehr wichtige und notwendige Werkzeuge, die für die Betriebe von heute an kostenlos zur Verfügung stehen“, sagte die Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, Dr. Ute Leidig. „Die Sicherheit des öffentlichen Raumes im Land ist uns ein sehr wichtiges Anliegen. Die Kampagne ‚nachtsam. Mit Sicherheit besser feiern‘ bietet einen wichtigen Baustein dafür, Bedrohungen von Frauen im Nachtleben besser einzuschätzen und sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen nach Möglichkeit zu verhindern.“
Wichtige Weichen für sicheren Start des Nachtlebens in Baden-Württemberg
Seit wenigen Wochen können kulturelle Veranstaltungen im Innenbereich, darunter auch in Diskotheken und Bars, mit der 2-G-Regelung oder durch Vorlage eines negativen PCR-Tests wieder stattfinden. „Der öffentliche Start der Kampagne in den Betrieben kommt als vorbereitende Maßnahme zur richtigen Zeit. Damit setzen wir ein bundesweit wichtiges Zeichen gegen Übergriffe und sexualisierte Gewalt an Frauen im öffentlichen Raum“, erläuterte Dr. Leidig.
Die Landeshauptstadt Stuttgart macht den Auftakt zur Kampagne mit mehr als 20 beteiligten Einrichtungen des Nachtlebens, die der Nachtmanager beim Pop-Büro Region Stuttgart, Nils Runge, für die Kampagne gewinnen konnte. Hier starten die ersten Schulungen in den nachtschaffenden Betrieben. Weitere Großstädte in Baden-Württemberg werden nun eingebunden.
„Trotz der erschwerten Bedingungen, denen die Betriebe aufgrund der Corona-Pandemie derzeit ausgesetzt sind, freue ich mich über eine rege Teilnahme der nachtschaffenden Betriebe sowie ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nur mit ihrer Hilfe können die geplanten Maßnahmen zur Verhinderung sexueller Gewalt gegen Frauen im öffentlichen Raum fruchten“, sagte die Staatssekretärin abschließend.
Fachberatungsstellen vor Ort sind Multiplikatoren
Im Dezember 2020 hat der Träger Frauenhorizonte e. V. aus Freiburg, der im Projekt als zentrale Koordinierungsstelle fungiert, die vorbereitenden Arbeiten in Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit, die inhaltliche Gestaltung der Schulungsvideos sowie die landesweite Vernetzung begonnen. Dafür wird der Träger mit rund 237.000 Euro vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration gefördert. Das Projekt ist zunächst bis zum 31. März 2022 befristet. Die Fachberatungsstellen vor Ort werden dabei als Multiplikatoren für die lokale Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit in Form von Werbemaßnahmen herangezogen. So können die jeweiligen Betriebe direkt erreicht werden und haben während der Laufzeit des Projektes eine lokale Fachberatungsstelle als Ansprechpartner für alle Anliegen des Arbeitspaketes.
Die Betriebe und Veranstalterinnen und Veranstalter können zwischen einer jeweils digitalen 30-minütigen, einer 70-minütigen oder einer durch eine Trainerin oder einen Trainer angeleitete 90-minütige Schulung wählen. Die Schulungsvideos können nach erfolgreicher Registrierung auf der Webseite von allen Beschäftigten des jeweiligen Betriebs angeschaut werden. Nach erfolgter Teilnahme werden dem Betrieb ein Zertifikat sowie Materialien in Form von Plakaten, Aufklebern und ein Handlungsleitfaden für die Durchführung des Konzeptes ausgestellt.
Projektgruppe „Sicherer Öffentlicher Raum“
Weitere Informationen zur Aktion „nachtsam. Mit Sicherheit besser feiern“ finden sich auf der Kampagnen-Website oder direkt bei der Koordinierungsstelle unter koordinierungsstelle-bw@nachtsam.info.
Die Konzeption der landesweiten Aktion wurde im Rahmen der Arbeitsgruppe „Sicheres Nachtleben“ entwickelt. Diese ist Teil der vernetzenden ressortübergreifenden Projektgruppe „Sicherer Öffentlicher Raum“, welche vor allem Präventionsmaßnahmen der Ressorts des Ministeriums des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen, des Ministeriums für Justiz und Migration, des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration, des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus und des Ministeriums für Verkehr in Baden-Württemberg bündelt.