Die Landesregierung hat auf den Anstieg der Gefangenen im Land mit verschiedenen Maßnahmen reagiert und nun weitere Weichen gestellt, um die Situation im Justizvollzug zu verbessern. In den beiden vergangenen Jahren wurden rund 250 Neustellen für den Justizvollzug geschaffen, im Entwurf für den Nachtragshaushalt sind 30 weitere Anwärterstellen vorgesehen.
„Die Anzahl der Gefangenen in baden-württembergischen Gefängnissen ist stark angestiegen. Derzeit sind rund 820 und damit 12,5 Prozent Gefangene mehr in baden-württembergischen Justizvollzugsanstalten inhaftiert als 2015. Wir haben auf diesen Anstieg mit verschiedenen Maßnahmen reagiert und heute weitere Weichen gestellt, um die Situation im Justizvollzug zu verbessern“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Anschluss an die Sitzung des Ministerrats. „Der Justizvollzug hat eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe und ist zentraler Baustein unseres Rechtsstaats. Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Gleichzeitig müssen wir die Rahmenbedingungen in den Anstalten so gestalten, dass die Resozialisierung der Gefangenen gelingt.“ Straftäter sollten nach Verbüßung ihrer Haft eine zweite Chance im Leben bekommen. Außerdem müsse verhindert werden, dass die Unterbringungssituation die Gefangenen aggressiver mache und „kriminelle Karrieren“ im Vollzug verstärkt würden, so Kretschmann.
Personal im Justizvollzug aufgestockt wie noch keine andere Regierung
Der Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf verwies auf die Entwicklung der vergangenen Jahre: „Seit 2007 waren die Gefangenenzahlen kontinuierlich gesunken. Bis 2015/2016 standen die Signale im Strafvollzug eher auf Entspannung. Seither sind die Gefangenzahlen wieder stark angestiegen. Inzwischen sind unsere Anstalten überbelegt und die 4.100 Beschäftigten im Justizvollzug arbeiten unter hoher Belastung. Darauf hat diese Landesregierung reagiert und das Personal im Justizvollzug aufgestockt, wie das noch keine andere Regierung getan hat. In den beiden vergangenen Jahren haben wir rund 250 Neustellen für den Justizvollzug geschaffen, im Entwurf für den Nachtragshaushalt sind 30 weitere Anwärterstellen vorgesehen.“
Auch bei den Haftplätzen werde aufgestockt, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „Bis der Neubau der Justizvollzugsanstalt Rottweil mit rund 500 Haftplätzen fertiggestellt ist, sorgen wir für weitere Entlastung: In den Justizvollzugsanstalten Heimsheim, Ravensburg und Schwäbisch Hall sollen bis 2022 in Modulbauweise jeweils bis zu 120 Haftplätzen geschaffen werden. Durch eine Erweiterung eines Baus in der Justizvollzugsanstalt Ravensburg könnten weitere 93 Haftplätze entstehen. Bis auf weiteres wird auch der Bau 1 der Justizvollzugsanstalt Stuttgart, der zu Beginn des Jahres geschlossen werden sollte, weiterbetrieben.“
Umbruch im Gesundheitswesen
„Das Gesundheitswesen im Justizvollzug steht – wie das Gesundheitswesen im Allgemeinen – vor großen Umbrüchen. Eine höhere Lebenserwartung führt dazu, dass auch die Gefangenen älter werden“, so Wolf. Derzeit befänden sich rund 300 Gefangene über 60 Jahren in den baden-württembergischen Gefängnissen, vor zehn Jahren seien es noch weniger als 200 gewesen. Zudem steige die Zahl der psychisch auffälligen Gefangenen. Zugleich sei es auch vor dem Hintergrund der derzeitigen Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht einfach, Anstaltsärztinnen und -ärzte sowie weiteres medizinisches Personal für den Justizvollzug zu gewinnen. „Wir nehmen diese schwierigen Rahmenbedingungen an und werden uns in einer ressort- und fachübergreifenden Expertenkommission unter der Federführung des Justizministeriums intensiv und kreativ über Lösungsmöglichkeiten Gedanken machen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Derzeit arbeitet der Landesbetrieb Vermögen und Bau gemeinsam mit dem Finanz- und Justizministerium an einer Machbarkeitsstudie für den Neubau eines Justizvollzugskrankenhauses auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Stuttgart. „Wir waren uns heute im Ministerrat einig, dass wir dieses neue Justizvollzugskrankenhaus brauchen und schnellstmöglich angehen wollen“, sagte Wolf.
Wolf sagte weiter: „Wir haben in den vergangenen Monaten schon viel erreicht. Neben den Neustellen haben wir die Arbeitsbedingungen im Justizvollzug verbessert, zum Beispiel durch die Übernahme von Schmerzensgeldansprüchen für die Beamtinnen und Beamten des Justizvollzugs nach Angriffen oder Stellenzulagen für medizinisch oder pflegerisch Qualifizierte und den Werkdienst. Dennoch wird es eine wichtige Aufgabe der nächsten Jahre sein, die Personalausstattung im Justizvollzug noch weiter zu verbessern.“
Justizvollzug im Land
Baden-Württemberg verfügt über 17 Justizvollzugsanstalten mit 18 Außenstellen, zwei Jugendarrestanstalten, ein Justizvollzugskrankenhaus sowie eine sozialtherapeutische Anstalt. Insgesamt sind im Justizvollzug in Baden-Württemberg über alle Laufbahngruppen und Laufbahnfachrichtungen rund 4.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Beamte, Tarifbeschäftigte) beschäftigt, davon rund 2.500 im mittleren Vollzugsdienst.
Baden-Württemberg verfügt bei derzeit 7.466 Gefangenen über 7.538 Haftplätze.