Auch in Baden-Württemberg sind Menschen von zu hohen Lärmbelastungen betroffen. Der Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Thomas Marwein, fordert bessere Rahmenbedingungen für den Schutz vor Lärm.
Laut eines Berichts der Europäischen Umweltagentur (EEA) leidet jeder fünfte Europäer unter Lärm. Insbesondere der Straßenverkehrslärm macht vielen Menschen zu schaffen und gilt als Lärmverursacher Nummer eins. Europaweit sind laut EEA-Bericht schätzungsweise 113 Millionen Menschen von einer durch den Straßenverkehr verursachten Lärmbelastung jenseits von 55 Dezibel betroffen.
Für Thomas Marwein, den Lärmschutzbeauftragten der Landesregierung, unterstreichen diese Zahlen das gewaltige Ausmaß von Verkehrslärm als Umweltbelastung. „Hier sind alle – Politik, Gesetzgebung, Planer, Forschung, Hersteller, aber auch jeder Einzelne von uns – gefordert, dem Schutz vor Lärm endlich den gebührenden Stellenwert einzuräumen. Lärm mindert nicht nur unsere Lebensqualität, sondern kann auch ernstzunehmende gesundheitliche Folgen haben“, sagte Marwein.
Lärmschutz als Schwerpunkt der Landesregierung
Der Schutz vor Lärm, insbesondere vor Straßenverkehrslärm, ist seit Jahren ein Schwerpunkt der Landesregierung. Der Lärmschutzbeauftragte Thomas Marwein hebt hervor: „Wir haben in den vergangenen Jahren lärmmindernde Fahrbahnbeläge in Ortsdurchfahrten oder Tempo 30 ermöglicht. So konnten insbesondere die am stärksten betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner vom Verkehrslärm entlastet werden.“ Die Erfolge zeigen sich auch im Vergleich der aktuellen Lärmkarten für die Hauptverkehrsstraßen außerhalb der Ballungsgebiete mit denen aus dem Jahr 2012. Die Zahl der Menschen, die im Land von Lärmpegeln in einem gesundheitskritischen Bereich über 55 Dezibel – mit Frequenzpegel A bewertet oder auch dB (A) – nachts betroffen sind, ging den Kartierungen zufolge in diesem Zeitraum um etwa ein Viertel zurück.
Senkung der Lärmrichtwerte
„Problematisch sind die besonders hohen Lärmbelastungen“, betont Marwein. „Aus der Lärmwirkungsforschung wissen wir, dass die Werte, die in Rechtsetzung und Rechtsprechung bislang als Schwelle einer verkehrslärmbedingten Gesundheitsgefahr herangezogen werden, zu hoch angesetzt sind.“ Die Werte von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts liegen etwa 15 Dezibel über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO. „Wir sehen dringenden Handlungsbedarf, diese Werte wenigstens um 5 dB(A) auf 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts zu senken“, hebt Marwein hervor und verweist darauf, dass auch die Umweltministerkonferenz in ihrer Sitzung im November 2019 diese Forderung aufgegriffen hat. „Gefordert ist hier die Bundesebene, denn es handelt sich um bunderechtliche Regelungen, die geändert werden müssen. Der Schutz vor Lärm braucht bessere Rahmenbedingungen“, erklärt Marwein.
Erforderlich ist aber auch, dass der Straßenverkehr insgesamt leiser wird. „Es ist ein Unding, dass die vorhandenen technischen Potentiale genutzt werden, um Fahrzeuge vorsätzlich laut zu machen, auf der anderen Seite aber in Lärmschutzmaßnahmen investiert wird“, findet Marwein. Dies gelte vor allem für Sportwagen und Motorräder. Er fordert: „Soundtasten und Klappenauspuffe, die nur dazu da sind, dass Fahrzeuge lauter werden, gehören verboten!“. Großes Potenzial, Fahrspaß und Landschaft ohne störenden Lärm zu genießen, schreibt der Lärmschutzbeauftragte Elektromotorrädern zu. Hier sind die Hersteller gefordert, echte Alternativen für umwelt- und lärmbewusste Bikerinnen und Biker auf den Markt zu bringen.
Initiative Motorradlärm
Dem auch im Land zunehmenden Problem Motorradlärm widmet sich die Initiative Motorradlärm, die am 13. Februar 2020 durch Verkehrsminister Winfried Hermann, den Lärmschutzbeauftragten Thomas Marwein und der Bürgermeisterin von Sasbachwalden, Sonja Schuchter, als Sprecherin der kommunalen Mitglieder, der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. 85 Städte, Gemeinden und Landkreise in Baden-Württemberg sind bereits Mitglied der Initiative, die sich dafür einsetzt, dass Motorräder leiser werden, Motorräder leiser gefahren werden und rücksichtsloses Fahren deutliche Folgen hat. Hierzu müssen alle auf verschiedenen Ebenen ihren Beitrag leisten: Die Europäische Union, die Bundesregierung, Hersteller und Händler sowie Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer.
Die Zahlen der EEA basieren auf den Ergebnissen der europaweit alle fünf Jahre erfolgenden Kartierung des Umgebungslärms, mit der die Lärmbetroffenheit entlang von Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken, an Großflughäfen und in Ballungsräumen ermittelt wird. Hintergrund ist die EU-Umgebungslärmrichtlinie.