Geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine finden in den Schulen in Baden-Württemberg ein kleines Stückchen Alltag und Ablenkung von den Kriegsgedanken. In sogenannten Vorbereitungsklassen lernen sie Deutsch und werden auf den Unterricht in den Regelklassen vorbereitet.
Was ist in der Schule hier anders als in der Ukraine? Wer hat den längsten Schulweg? Ist die Schrift schwierig zu lernen? Als Lehrerin Mariia Frelik die Fragen ins Ukrainische übersetzt, hören ihr die Kinder gespannt zu und antworten prompt. Für die geflüchteten Schülerinnen und Schüler der Ameisenbergschule in Stuttgart kehrt in solchen Momenten ein Stück Normalität zurück, während in ihrer Heimat der Krieg tobt. Darüber sprechen sie auch im Unterricht, sagt Mariia Frelik am Montagmorgen. „Aber ich versuche, andere Themen zu finden.“
Viele Familien – und damit auch Kinder – aus der Ukraine flüchten vor dem Krieg, der in ihrer Heimat Zerstörung, Blut und Tote hinterlässt. Allein im Südwesten kamen bereits etwa 8.000 Kinder an, viele von ihnen besuchten nach Angaben der baden-württembergischen Kultusministerin Theresa Schopper auch schon die Schule. Es würden noch nicht alle Kinder unterrichtet, da die Schulpflicht erst gelte, wenn man einen festen Wohnsitz habe.
Auf dem Stundenplan stehe vor allem der Deutschunterricht, sagt Mariia Frelik. Die 29-jährige Ukrainerin lebt zwar schon seit 2018 in Deutschland, unterrichtet aber erst seit Montag vergangener Woche – sie ist damit genauso lange an der Ameisenbergschule wie ihre Schülerinnen und Schüler, die normalerweise in die fünfte bis neunte Klasse gehen würden.
Ablenkung von den Sorgen
Die Aussprache sei am schwierigsten zu erlernen, erzählen die Kinder. Doch nicht nur darum soll es in der Schule gehen. Die geflüchteten Kinder sollen im Unterricht an den baden-württembergischen Schulen auch von ihren Sorgen abgelenkt werden, sagt Theresa Schopper.
Ob Herkunft, Religion oder Hautfarbe – ausgegrenzt wird an der Ameisenbergschule niemand. In der Einrichtung werden Freundschaften geknüpft. Mehr als 290 Schülerinnen und Schüler aus 34 Ländern werden nach Angaben von Schulleiterin Katja Conzelmann an der Schule unterrichtet. Der Schulbesuch sei wichtig, um Struktur in den Alltag zu bekommen und am sozialen Leben teilnehmen zu können.
Alle geflüchteten Kinder ohne Deutschkenntnisse werden in Vorbereitungsklassen unterrichtet – unabhängig von der Nationalität. Dort sollen sie in ein bis zwei Jahren Deutsch lernen, bevor sie in Regelklassen wechseln. Es werde versucht, die Schülerinnen und Schüler von Beginn an zumindest teilweise in eine Regelklasse zu integrieren, damit sie sich rasch zugehörig fühlen und Freundschaften schließen können, heißt es aus dem Kultusministerium.
Fühlen sie sich schon wohl in der Schule, in dieser Klasse? Auch über die Antwort auf diese Frage müssen die Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine nicht lange nachdenken: Sie strecken ihre Daumen nach oben – zumindest die bildliche Sprache beherrschen sie schon gut.
Quelle:
dpa/lsw