Die Sanierung der Villa Reitzenstein und Neubau des Eugen-Bolz-Hauses, in denen Teile des Staatsministeriums untergebracht sind, erhalten die Hugo-Häring-Auszeichnung des Bundes Deutscher Architekten. Die Jury würdigt die Integration umfänglicher baukonstruktiver, restauratorischer sowie technischer Anforderungen.
„Die Villa Reitzenstein ist ein zauberhaftes Gebäude, idyllisch gelegen in einem Park, hoch über Stadt. Und sie ist ein für die Geschichte der Demokratie Württembergs und später Baden-Württembergs zentral bedeutender Ort. Ein solches Haus nach fast hundert Jahren Betrieb respektvoll grundlegend zu restaurieren, ist landesgeschichtlich und zum Schutz des Denkmals eine reife Leistung gewesen“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann anlässlich der Verleihung der Hugo-Häring-Auszeichnung für vorbildliche Bauwerke in Baden-Württemberg an Bauherren und Architekten für ihr gemeinsames Werk. Im Wilhelmspalais wurden aus 107 eingereichten Arbeiten die Sanierung der Villa Reitzenstein und der Neubau des Eugen-Bolz-Hauses von der hochkarätig besetzten Jury gewürdigt als „ein Paar, das sich wunderbar ergänzt“ und mit der renommierten Auszeichnung prämiert.
„Nur ein Drittel der Baumasse des Neubaus des Eugen-Bolz-Hauses tritt als eigentlicher Baukörper in Erscheinung. Das Gebäude ist zurückhaltend und modern und belässt der geschichtsträchtigen Villa Reitzenstein die architektonische Distanz“, so Kretschmann. „Wer möchte, darf diese Attribute auch gerne als Symbol unseres Arbeits- und Regierungsstils insgesamt betrachten.“
Bauherr beider von dem Berliner Architekturbüro Sting Architekten ELW geplanten und vom Amt Stuttgart des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg betreuten Projekte ist das Land Baden-Württemberg. „Ich gratuliere allen Verantwortlichen zu diesem Preis. Dass gerade auch Projekte unserer Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung ausgezeichnet wurden, freut mich natürlich besonders. Diese Auszeichnung und auch die Auszeichnung für die Generalsanierung des Hauses des Landtags sind Belege für die hervorragende und fachkundige Arbeit, die unsere Bauverwaltung leistet“, so Finanzministerin Edith Sitzmann.
Denkmal und Neubau ergänzen sich
Bei der Sanierung der Villa Reitzenstein begründete die Jury ihr Votum unter anderem mit der Integration umfänglicher baukonstruktiver, restauratorischer sowie technischer Anforderungen, ohne das Denkmal zu stören. Die Qualität der Gestaltung sei sogar noch gesteigert worden.
Zur Begründung der Prämierung des Eugen-Bolz-Hauses hob die Jury hervor, dass die Positionierung des neuen Baukörpers einen größeren, respektvollen Abstand zur Villa Reitzenstein nehme. Daraus ergäbe sich die Chance, wichtige Elemente des denkmalgeschützten Landschaftsparks – wie den Rosengarten und den Nutzgarten – wieder herzustellen. Der Innenraum sei geprägt von atmosphärisch angenehmen und funktionalen Arbeitsplätzen, die um ein lichtdurchflutetes Atrium angeordnet sind. Die der Topographie angepassten Geschossebenen werden über das Atrium erschlossen und verbinden gemeinsame Nutzungsmöglichkeiten wie etwa die Kantine und das Besucherzentrum.
Ministerin Sitzmann betonte, dass neben den geforderten gestalterischen Qualitäten auch die energetische Zielvorgabe für den Neubau des Eugen-Bolz-Hauses anspruchsvoll gewesen wäre. Der Neubau sei als Plusenergiehaus verwirklicht worden. Das entspräche der Vorbildfunktion des Landes beim Klimaschutz.
Baumaßnahmen Villa Reitzenstein und Eugen-Bolz-Haus
Die unter Denkmalschutz stehende Villa Reitzenstein aus dem Jahr 1913 wurde nach mehr als 35-jähriger intensiver Nutzung saniert. Die Sanierung der Villa Reitzenstein hatte im Sommer 2013 begonnen und war im Frühjahr 2015 abgeschlossen worden. Das Land investierte dafür rund elf Millionen Euro.
Dabei war es eine wesentliche Aufgabe, das Gebäude energetisch, technisch und brandschutztechnisch so auf den neuesten Stand zu bringen, dass die historische Substanz nicht beeinträchtigt wird. Das Vorhaben wurde in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesdenkmalamt geplant und von erfahrenen Restauratorinnen und Restauratoren durchgeführt.
Der Erweiterungsbau des Staatsministeriums aus dem Jahr 1974 wurde im Oktober 2013 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. In dem Ersatzbau wurden auf rund 1.800 Quadratmetern Büros und die Kantine für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Schulungs- und Besprechungsräume sowie die Bibliothek und ein Informationszentrum für die Besucherinnen und Besucher der Villa Reitzenstein untergebracht. Es handelt sich um ein Plusenergiehaus, dass mehr Energie gewinnt, als es von externen Energiequellen bezieht. Bei dem Gebäude wurden ein sehr guter Wärmeschutz, eine hohe Luftdichtigkeit und eine Lüftungsanlage mit einer effizienten Wärmerückgewinnung umgesetzt. Um den Strombedarf zu decken, wurde auf dem Dach eine Photovoltaikanlage zur regenerativen Stromerzeugung installiert. Die Bauarbeiten hatten im März 2014 begonnen und waren im Frühjahr 2015 abgeschlossen. Hier investierte das Land Baden-Württemberg knapp 17 Millionen Euro.
Der Hugo-Häring-Preis
Der Landesverband Baden-Württemberg des Bundes Deutscher Architekten (BDA) verleiht seit 1969 im Abstand von drei Jahren den Hugo-Häring-Preis. Es ist der wichtigste Architekturpreis in Baden-Württemberg für vorbildliche Bauwerke in Baden-Württemberg, der an Bauherren und Architekten für ihr gemeinsames Werk verliehen wird.
Mit dem Namen Hugo Häring bekennt sich der BDA zur Tradition des „neuen Bauens“ und der „modernen Architektur“. Die Bezeichnung des Preises ehrt den 1882 in Biberach geborenen Architekten Häring, der sich gleichermaßen gegen abstrakte Formgesetze wie auch gegen subjektive Architekturauffassung stellte.
Die ausgezeichnete Projekte 2017 des BDA für den Bauherren Land Baden-Württemberg, vertreten durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg:
- Sanierung Villa Reitzenstein und Neubau Eugen-Bolz-Haus (Sting Architekten ELW)
- Generalsanierung Haus des Landtags (Staab Architekten GmbH)
- Areal Pfaffenwaldring 5 (hartwig schneider architekten)
- Hochschule der Medien, Erweiterung Süd (Simon Freie Architekten)
- Otto Rettenmaier Audimax (Deubzer König + Rimmel Architekten GmbH)
Der Hugo-Häring-Preis ist ein zweistufiger Preis. Das Auswahlverfahren erstreckt sich über zwei Jahre:
- 1. Stufe: Hugo-Häring-Auszeichnung
Die Hugo-Häring-Auszeichnung wird in den 15 Kreisgruppen des Landesverbandes Baden-Württemberg vergeben. - 2. Stufe: Hugo-Häring-Landespreis
Der Hugo-Häring-Landespreis wird auf Landesebene verliehen. Die Preisträger werden aus den in der 1. Stufe ausgezeichneten Objekten ausgewählt.