Am 18. März 1920 hat die Weimarer Nationalversammlung in Stuttgart getagt. Zum 101. Jahrestag wurde eine bronzene Gedenktafel am Stuttgarter Kunstgebäude enthüllt.
Am 18. März 1920 hat die Weimarer Nationalversammlung in Stuttgart getagt. Während des Kapp-Lüttwitz-Putschversuchs in Berlin war das Kunstgebäude in der Innenstadt vorübergehend zum Sitzungsort geworden. Zum 101. Jahrestag haben Finanzstaatssekretärin Gisela Splett, Kunststaatssekretärin Petra Olschowski und Landtagspräsidentin Muhterem Aras gemeinsam mit dem Initiator Claus-Peter Clostermeyer in Stuttgart eine bronzene Gedenktafel am Kunstgebäude enthüllt.
An der Stirnseite der Gebäudearkaden am Durchgang vom Oberen Schlossgarten zum Schlossplatz erinnert sie an die Nationalversammlung: „Im Kunstgebäude fand die Weimarer Nationalversammlung am 18. März 1920 vor der Bedrohung durch Putschisten einen sicheren Ort für ihre Beratungen“, lautet die Inschrift.
14,6 Millionen Euro für denkmalgerechte Sanierung
„Durch die Sitzung der Weimarer Nationalversammlung war Stuttgart für kurze Zeit der Mittelpunkt der Weimarer Republik. Im Kunstgebäude war das Parlament sicher vor der Bedrohung durch die Putschisten. Die Gedenktafel wird dazu beitragen, dass das nie in Vergessenheit gerät“, sagte Staatssekretärin Splett. „Das Kunstgebäude ist historisch bedeutend – und es ist außerdem ein architektonisches Schmuckstück. Wir tun viel dafür, diesen Ort zu erhalten und zu bewahren. In den kommenden drei Jahren wird das Land rund 14,6 Millionen Euro in die denkmalgerechte Sanierung des historischen Gebäudeteils am Schlossplatz investieren.“ Für die Zukunft ist eine multifunktionale kulturelle Nutzung im Gebäude vorgesehen. Die Gastronomie wird im Zuge der Sanierung wieder an ihren ursprünglichen Ort im Erdgeschoss an die Stauffenbergstraße verlegt.
Staatssekretärin Olschowski betonte: „Vor 101 Jahren war das Kunstgebäude Zufluchtsort für die Vertreterinnen und Vertreter der jungen deutschen Demokratie auf ihrer Flucht vor rechten Putschisten. Hier setzten sie den antidemokratischen Anfechtungen zum Trotz ihre politische Arbeit fort. Ich freue mich, dass nun mit einer Gedenktafel an diese wichtige Episode der deutschen Demokratie erinnert wird. Das Kunstgebäude wird durch dieses Ereignis ein symbolischer Ort, an dem die Bürgerinnen und Bürger des Landes an ihre demokratische Verantwortung erinnert werden. Er macht bewusst, wie verletzlich unsere demokratischen Werte sind und dass es unser aller Aufgabe ist, uns für sie stark zu machen und gemeinsam für sie einzustehen, sollten sie in Frage gestellt werden.“
„Unser Grundgesetz hat viele Elemente der Weimarer Verfassung aufgegriffen und weiterentwickelt. Umso wichtiger ist die Erinnerung, dass die erste deutsche Demokratie schon in der Gründungsphase von ihren Feinden attackiert wurde. Dieses Gedenken ruft uns als Bürgerinnen und Bürger auf, immer wieder aufs Neue aktiv für die Werte des Grundgesetzes einzutreten und unsere demokratischen Institutionen zu schützen“, so Landtagspräsidentin Aras.
Weitere Informationen
Die Weimarer Nationalversammlung war das verfassungsgebende Parlament der Weimarer Republik. Sie tagte vom 6. Februar 1919 bis 21. Mai 1920. Bis September 1919 fanden die Sitzungen in Weimar statt, danach in Berlin - mit Ausnahme des 18. März 1920: Die Nationalversammlung, die Reichsregierung und Reichspräsident Friedrich Ebert waren wegen des Kapp-Lüttwitz-Putschversuchs in Berlin gezwungen, nach Stuttgart auszuweichen.
Am 8. Mai 1913 wurde das nach Plänen des Architekten Theodor Fischer errichtete Kunstgebäude eröffnet. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude bis auf den Kuppelbau zerstört und zwischen 1956 und 1961 durch die Architekten Paul Bonatz und Günther Wilhelm wiederaufgebaut sowie um den Vierecksaal und den Verbindungsbau erweitert.
Während der Generalsanierung des Landtagsgebäudes zwischen September 2013 und Mai 2016 war das Kunstgebäude Sitz des Landtags von Baden-Württemberg. Das Kunstgebäude beherbergt den Württembergischen Kunstverein, der während der Sanierung des historischen Gebäudeteils die Ausstellungsräume im Vierecksaal weiterhin bespielen wird.