Das Land gibt ein wissenschaftlich bedeutsames Dinosaurier-Fossil aus dem Staatlichen Naturkundemuseum Karlsruhe an Brasilien zurück, da sich das Objekt zu Unrecht in den Sammlungen des Museums befunden hat. Das Kabinett stimmte der Restitution zu.
Baden-Württemberg gibt ein wissenschaftlich bedeutsames Dinosaurier-Fossil aus dem Staatlichen Naturkundemuseum Karlsruhe an Brasilien zurück. Das Kabinett stimmte am 19. Juli 2022 einem entsprechenden Vorschlag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu. Dieses war nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Einfuhr- und Erwerbsumstände nicht eindeutig klären lassen.
„Wir haben eine klare Haltung, die sich in konsequentem Handeln ausdrückt: Sollten Objekte in den Sammlungen unserer Museen sein, die unter rechtlich oder ethisch inakzeptablen Bedingungen erworben wurden, wird eine Rückgabe geprüft. Nach unserer Einschätzung sind die Umstände der Aus- und Einfuhr dieses einzigartigen Fossils nicht eindeutig und es bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erwerbs und den genauen Umständen der Einfuhr. Der Ubirajara soll deshalb dorthin zurück, wo er angesichts seiner hohen Bedeutung und der fragwürdigen Erwerbsumstände hingehört – nach Brasilien“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer am 19. Juli 2022 in Stuttgart.
Fossil von hoher Bedeutung für die Wissenschaft
Bei dem Dinosaurier-Fossil des „Ubirajara jubatus“ handelt es sich um eine bedeutsame paläontologische Entdeckung. Das Fossil hat für Brasilien wie für die Wissenschaft insgesamt eine hohe Bedeutung als Holotyp. Privatpersonen vor allem aus Brasilien sowie brasilianische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten nach der Veröffentlichung eines Artikels des ehemaligen Leiters der Geologischen Abteilung des Staatlichen Naturkundemuseums Karlsruhe und weiterer Autoren in der international renommierten Fachzeitschrift Cretaceous Research im Jahr 2020 beanstandet, dass das Fossil nicht rechtmäßig ausgeführt worden sei und eine Rückführung nach Brasilien verlangt. Nach kritischen Artikeln in internationalen Fachzeitschriften wie National Geographic und Science, die die ordnungsgemäße Ausfuhr des Fossils aus Brasilien ebenfalls bestritten, stellte Cretaceous Research den Aufsatz offline und zog ihn später endgültig zurück.
Das Naturkundemuseum Karlsruhe räumte mittlerweile fehlerhafte Aussagen gegenüber dem Ministerium wie auch falsche Angaben in der wissenschaftlichen Publikation ein und revidierte seine ursprünglichen Angaben zum Zeitpunkt der Ausfuhr des Fossils. Außerdem konnte das Museum keine Unterlagen vorlegen, die eine rechtmäßige Ausfuhr und einen rechtmäßigen Erwerb belegen konnten.
Signal zum korrekten Umgang mit Sammlungsgütern
„Wer falsche Aussagen im Kontext einer wissenschaftlichen Publikation macht, schadet der eigenen Reputation und dem Ansehen seiner Einrichtung. Auch deshalb ist es notwendig, diesen bedauerlichen Vorgang zu korrigieren. Baden-Württemberg hat sich in Fragen der Provenienz von Kulturgütern klar positioniert und ist in den letzten Jahren seiner Verantwortung systematisch nachgekommen. Daher haben wir die Aufklärung zu den Vorgängen um das Ubirajara Fossil konsequent vorangetrieben. Es ist wichtig, dass wir mit der Rückgabe ein klares Signal senden zum korrekten Umgang mit Sammlungsgütern, ihrer Provenienz und zur wissenschaftlichen Redlichkeit“, sagte Ministerin Theresia Bauer.
Das Naturkundemuseum Karlsruhe hat nun zu prüfen, ob sich in seiner Sammlung weitere Objekte befinden, deren Erwerbsumstände vergleichbar unklar sind. „Die Klärung der Erwerbsumstände von Sammlungsgegenständen ist eine Aufgabe, der unbedingt nachzukommen ist“, so Ministerin Theresia Bauer.
Rückgabe mit Brasilien besprochen
Auf Bitten des Ministeriums unterstützt das Auswärtige Amt das Land beim Austausch mit dem brasilianischen Staat. Dieser hat gegenüber der deutschen Botschaft in Brasilia das Nationalmuseum in Rio de Janeiro als offiziell legitimierten Gesprächspartner benannt, das damit auch als möglicher künftiger Ort der Präsentation in Betracht kommt. Brasilien hat im Rahmen eines an das Auswärtige Amt gerichteten Rechtshilfeersuchens im Februar 2022 um Rückgabe des Fossils nach Brasilien gebeten. Dem kommt das Land Baden-Württemberg nach. In welcher Form und wann genau die Rückgabe erfolgt, wird nun nach dem Beschluss des Ministerrats mit der brasilianischen Seite vereinbart.
Ein privater Fossilienhändler hatte die Gesteinsplatte mit dem Fossil nach eigenen Angaben im Jahr 2006 eingeführt, das Museum hat sie von dem Fossilienhändler im Jahr 2009 erworben. Für die legale Aus- und Einfuhr ist der Fossilienhändler verantwortlich. Das Museum hat auf die Aussagen des Händlers vertraut und keine weiteren Prüfungen vorgenommen.