In Baden-Württemberg sind im Jahr 2016 im Straßenverkehr so wenige Menschen wie noch nie seit Beginn der statistischen Erfassung tödlich verunglückt. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang sank um 16 Prozent.
„Baden-Württemberg arbeitet weiter daran, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer weiter zu verbessern. Wir wollen, dass die Menschen sicher ans Ziel kommen. Deshalb sind wir froh, dass wir gerade bei den tödlichen Verkehrsunfällen einen Rückgang verzeichnen konnten“, so der Stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl.
Insgesamt ist die Zahl der Verkehrsunfälle im Land im Vergleich zum Vorjahr zwar um ein Prozent auf 313.100 Unfälle gestiegen, die Verkehrsunfälle mit Personenschaden nahmen aber mit 36.959 Unfällen (2015: 37.054) etwas ab. Dabei wurden 39.108 Personen leicht (+ ein Prozent) sowie 8.992 schwer verletzt (- fünf Prozent).
Bei den Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang zeichnet sich ein deutlicher Rückgang um 16 Prozent ab. Insgesamt sind im vergangenen Jahr 380 tödliche Verkehrsunfälle und damit 73 weniger als im Vorjahr polizeilich registriert worden. 405 Menschen verloren dabei ihr Leben. So wenige wie noch nie seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 1953. „Jedes Unfallopfer ist dennoch eines zu viel“, stellt der Innenminister fest und ergänzt: „Wir werden in unseren Anstrengungen für einen sicheren Straßenverkehr nicht nachlassen und bekennen uns weiterhin zum Leitgedanken der Vision Zero – eines Straßenverkehrs ohne Getötete und Schwerverletzte.“
Zu hohe Geschwindigkeit häufigste Ursache von tödlichen Unfällen
„Wer rast und drängelt, gefährdet sich und andere“, so Strobl. „Daher habe ich kein Verständnis für nicht angepasste oder überhöhte Geschwindigkeit, die mit 42 Prozent nach wie vor häufigste Ursache von tödlichen Verkehrsunfällen.“ Neben der Geschwindigkeit ist die Missachtung der Vorfahrt in zehn Prozent ursächlich für Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang. Ein Anteil von elf Prozent ist auf mangelnde Verkehrstüchtigkeit zurückzuführen. „Betrunkene und Menschen unter Drogeneinfluss sind im Straßenverkehr eine tödliche Gefahr für alle – dementsprechend gilt: Null-Toleranz und intensive Kontrollen“, sagte Innenminister Strobl.
Nach einer detaillierten Analyse der Verkehrsunfalllage wurde im Jahr 2016 die Verkehrsüberwachung im Land neu ausgerichtet. In den Bereichen Geschwindigkeit, Abstand, Ablenkung, Gurt und Verkehrstüchtigkeit wurde die Kontrollintensität im vergangenen Jahr deutlich erhöht. Landesweit wurden bei den polizeilichen Kontrollen insgesamt über eine Million Geschwindigkeits- und Abstandsverstöße festgestellt. „Wir haben in modernste Verkehrsüberwachungstechnik investiert und den Kontrolldruck flächendeckend erhöht. Temposünder und Drängler müssen damit rechnen, dass sie jederzeit und an jedem Ort die Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen“, verdeutlichte der Innenminister. Weiter wurde die polizeiliche Ahndung von Gurtverstößen im vergangenen Jahr von 86.682 auf 106.732 gesteigert. Diese Kontrollen sind nötig, weil von den 197 getöteten Pkw- und Lkw-Fahrern fast jeder vierte keinen Sicherheitsgurt angelegt hatte.
Die unerlaubte Nutzung des Mobiltelefons während der Fahrt ist 2016 in 58.866 Fällen (Vorjahr: 45.077 Fälle) geahndet worden. Damit wurde ein Signal gesetzt, das hohe Dunkelfeld bei „Handyunfällen“ einzudämmen.
Junge Fahrer sind besonders gefährdet
Nach wie vor ist die Altersgruppe der sogenannten Jungen Fahrer (18 bis 24 Jahre) zu häufig um Unfallgeschehen beteiligt. Obwohl die Jungen Fahrer lediglich einen Bevölkerungsanteil von etwa neun Prozent darstellen, verursachten sie jeden fünften Pkw-Unfall mit Personenschaden. Umso wichtiger ist, dass die Präventionskampagne „NO GAME. SICHER FAHREN – SICHER LEBEN“ fortgesetzt wird. Ziel der Kampagne ist es, junge Menschen für die Gefahren des Straßenverkehrs insbesondere mit Blick auf die Geschwindigkeit, aber auch die Handynutzung oder den Konsum von Alkohol oder Drogen zu sensibilisieren.
Noch immer auffällig ist auch die Gruppe der Motorradfahrerinnen und -fahrer. Bei jedem fünften Verkehrstoten handelte es sich um einen Motorradfahrer. Über zwei Drittel aller Motorradunfälle mit tödlichem Ausgang sind dabei auf nicht angepasste oder überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. Dennoch zieht Strobl aus der Motorradsaison des vergangenen Jahres eine insgesamt positive Bilanz: Während im Jahr 2015 bei 5.408 Motorradunfällen 104 Motorradfahrende ihr Leben verloren, verunglückten im vergangenen Jahr bei 5.073 Unfällen (- sches Prozent) 75 Motorradfahrer (- 28 Prozent) tödlich. „Auch hier gilt, nicht ausruhen, sondern diese positive Entwicklung verstetigen“, so Strobl.
Zahl getöteter Fußgänger und Radfahrer gestiegen
„Bei den vielen positiven Signalen, gibt es auch einen Wehrmutstropfen: die Entwicklung bei den Fußgängern und Radfahrern“, sagte der Innenminister. Mit 71 getöteten Fußgängern ist die Zahl gegenüber 53 im Vorjahr um etwa ein Drittel gestiegen. Bei nahezu jedem sechsten Unfalltoten handelte es sich um einen Fußgänger. Fußgänger werden insbesondere zur dunklen Jahreszeit schnell übersehen.
Das trifft auch auf die Radfahrer zu. Die Zahl der Fahrradunfälle stieg im Jahr 2016 um vier Prozent auf 10.116. Insgesamt verunglückten 53 Fahrradfahrer und somit elf mehr als im Vorjahr (42) tödlich. Eine Ursache des Anstiegs der Unfallzahlen bei den Fahrradfahrern ist die vermehrte Nutzung von Elektrofahrrädern. Mit insgesamt 878 Pedelec-Unfällen hat sich die Zahl gegenüber 2012 nahezu versiebenfacht. „Es braucht das Bewusstsein, dass eine erhöhte Fahrgeschwindigkeit in bestimmten Situationen auch mit einem höheren Verletzungsrisiko einhergeht“, so Strobl.
„30 der 2016 tödlich verunglückten Fahrradfahrer trugen keinen Fahrradhelm. Vielleicht wären einige dieser Menschen noch am Leben. Der Fahrradhelm ist die Lebensversicherung des Radfahrers. Keiner kann vorhersehen, was im öffentlichen Straßenverkehr passiert, jeder kann sich aber darauf vorbereiten.“ Die Radhelm-Kampagnen unter dem Motto „HELM TRAGEN. VORBILD SEIN!“ für die Zielgruppe der „Best Ager“ sowie „Schütze dein Bestes“ für Kinder und Jugendliche werden deshalb fortgeführt. „Gerade 2017, im Jahr des 200-jährigen Fahrradjubiläums Baden-Württemberg, wollen wir gezielt für das Tragen des Radhelmes werben“, betonte Strobl.
Weniger Unfälle mit Kindern
Mit Blick auf die Unfälle mit Beteiligung von Kindern habe sich die insgesamt rückläufige Entwicklung weiter fortgesetzt. „In kaum einem anderen Bundesland leben Kinder im Straßenverkehr so sicher wie in Baden-Württemberg. Daran wollen wir festhalten“, so Strobl. Im Jahr 2016 seien 1.890 Kinder bei Verkehrsunfällen involviert gewesen, 42 weniger als im Vorjahr. Wie bereits in den vergangenen Jahren haben hier insbesondere die Verkehrsunfälle mit Personenschaden abgenommen, von 1.762 (2015) auf 1.696 Unfälle (- vier Prozent). Leider verloren im vergangenen Jahr wie im Vorjahr sieben Kinder im Straßenverkehr ihr Leben. Dabei verunglückte ein Kind als Radfahrer, ein weiteres als Fußgänger und fünf als Pkw-Insassen. „Ich habe deshalb überhaupt kein Verständnis dafür, wenn Eltern ihre Kinder im Pkw nicht oder nicht richtig anschnallen“, so Strobl. Allein im vergangenen Jahr konnte bei den polizeilichen Kontrollen in über 6.200 Fällen genau dieses verantwortungslose Verhalten festgestellt werden.
Gerade bei der Radfahrausbildung zeigt sich die Bedeutung der Zusammenarbeit mit starken Partnern, wie zum Beispiel der Landesverkehrswacht. Deshalb haben sich in Baden-Württemberg die wichtigsten Akteure der Verkehrssicherheitsarbeit zu der bundesweit einmaligen Verkehrssicherheitsaktion „GIB ACHT IM VERKEHR“ zusammengeschlossen. Dieses Netzwerk leistet bereits seit über zwei Jahrzehnten erfolgreiche Verkehrssicherheitsarbeit. Am 19. Mai 2017 feiere die Verkehrssicherheitsaktion „GIB ACHT IM VERKEHR“ ihr 25-jähriges Jubiläum beim Landes-Tag der Verkehrssicherheit in Stuttgart.
Fakten zu Verkehrsunfällen
- Fast alle 22 Stunden verlor ein Mensch bei einem Verkehrsunfall sein Leben.
- 42 Prozent der tödlichen Unfälle waren auf die Unfallursache nicht angepasste bzw. überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen.
- Bei etwa jedem fünften Verkehrstoten handelte es sich um einen Motorradfahrenden.
- Mehr als jeder zweite getötete Fahrradnutzer trug keinen Helm.