Die Ortsumfahrung B 311 Unlingen ist für den Verkehr freigegeben. Die Umfahrung entlastet die Menschen in Unlingen, da nun 85 Prozent weniger Durchgangsverkehr durch den Ort fließen. Die Umfahrung hat gut 22 Millionen Euro gekostet. Bei den Bauarbeiten konnten auch wichtige historische Funde gesichert werden.
Verkehrsminister Winfried Hermann hat gemeinsam mit dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Norbert Barthle, dem Tübinger Regierungspräsidenten Klaus Tappeser und dem Unlinger Bürgermeister Richard Mück die Ortsumfahrung B 311, Unlingen für den Verkehr freigegeben.
„85 Prozent weniger Durchgangsverkehr, für die Bürgerinnen und Bürger ist das eine echte Entlastung. Unlingen kann sich nun auch innerstädtisch weiterentwickeln und die Aufenthaltsqualität in der Ortsmitte erhöhen“, so Minister Hermann.
Staatssekretär Norbert Barthle erklärte: „Endlich ist es soweit: Nach mehrjähriger Bauzeit gehört das verkehrliche Nadelöhr Unlingen endgültig der Vergangenheit an. Die neue Ortsumgehung am Fuße des ‚Bussen‘ verbessert den Verkehrsfluss auf der Bundestraße B 311 erheblich und sorgt für mehr Verkehrssicherheit. Mich freut besonders das Plus an Lebensqualität für Unlingens Bürger. Denn die Gemeinde wird nun vom Durchgangsverkehr und somit von Lärm- und Schadstoffen entlastet.“
Histrorische Funde bei Bauarbeiten gesichert
Im Sommer 2016 hat das Landesamt für Denkmalpflege in einer Rettungsgrabung vier keltische Grabhügel gesichert. Die Funde sind so bedeutend, dass eine Sonderausstellung im Keltenmuseum Heuneburg und im Freilichtmuseum Heuneburg-Pyrene in Herbertingen-Hundersingen eingerichtet wurde, die noch bis zum 5. November 2017 zu besichtigten ist.
Die Gesamtbaukosten betragen 22,3 Millionen Euro, die im Wesentlichen vom Bund als Baulastträger der Bundesstraße getragen werden. Der Landkreis Biberach und die Gemeinde Unlingen sind mit 0,084 und 0,045 Millionen Euro an der Maßnahme beteiligt. So wurde für die Gemeinde ein Schutzwall für die angrenzende Wohnbebauung gebaut.
Historie
Seit 1992 ist das Projekt einer Ortsumfahrung im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplan enthalten. Erste Variantenuntersuchungen gab es schon 1979, bevor man sich 1996 auf die nun gebaute Variante festlegte. Mit einem Schwerverkehrsanteil von 20 Prozent am durchschnittlichen täglichen Verkehr von aktuell rund 8.300 Fahrzeugen am Tag war die Ortsdurchfahrt von Unlingen stark belastet. Die unübersichtlichen Engstellen, Einmündungen und Kurven trugen dazu bei, dass der Streckenabschnitt als unfallträchtig eingestuft wurde.
2010 wurde das Baurecht für die 4,64 Kilometer lange Umfahrung geschaffen und im September 2013 erfolgte der symbolische Spatenstich. Zum leichterem Überholen langsamer fahrender Fahrzeuge stehen dem Verkehrsteilnehmer auf zwei Abschnitten abwechselnd jeweils eine zusätzliche Fahrspur zur Verfügung. Begleitend zum Neubau der Bundesstraße wurden insgesamt 2,66 Kilometer Anschlüsse, kreuzende Straßen und Wirtschaftswege neu hergestellt, aber auch 2,4 Kilometer der „alten“ B 311 werden zu einer Gemeindeverbindungsstraße zurückgebaut, auf einem kleinen Abschnitt sogar vollständig rekultiviert. Auf insgesamt 2,2 Kilometern wurden Amphibienleiteinrichtungen errichtet, die in drei Amphibiendurchlässe unter der B 311 münden.
Baudurchführung
Im Zuge des Neubaus wurden sechs Ingenieurbauwerke erstellt. Die Unterführung des kleinen Flusses Kanzach, die Überführung der Kreisstraße K 7588, einer Gemeindeverbindungstraße und zweier Wirtschaftswege. Mit einer Dichtwand wird der Unlinger Grundwasseraquifer gesichert. Zwei Regenklärbecken haben die Aufgabe, das Straßenwasser schadlos zu den Vorflutern abzuführen.
Um den weichen und setzungsempfindlichen Baugrund bearbeiten zu können waren zusätzliche Untergrundarbeiten notwendig. Neben einer qualifizierten Bodenverbesserung und einem Bodenaustausch mussten Bereiche vorgeschüttet werden, damit sich der Boden setzen konnte. In Teilbereichen wurden so genannte Rüttelstopfsäulen eingebracht.
Bereits im Voraus wurde der Eingriff in die Natur und Landschaft umfangreich ausgeglichen. Insbesondere der Unlinger Weißstorch wurde genauer betrachtet. Um einen gleichwertigen und funktionalen Ersatz der Lebens- und Nahrungsgrundlage anzubieten, wurden im Vorfeld der eigentlichen Straßenbaumaßnahme landwirtschaftliche Fläche im „Tiefen Ried“ extensiviert, Nasswiesen wiederhergestellt und der „Erlengraben“ geöffnet. Zusätzlich wurde zum Schutz des Storches beidseitig der Bundestraße im Bereich des „Tiefes Ried“ ein 1,5 Meter hoher Schutzwall aufgeschüttet und eine 20 Kilovolt-Überlandleitung in den Boden verlegt.
Die Baudurchführung erfolgte in verschiedenen Phasen: Im Herbst 2013 wurden erste Ausgleichsmaßnahmen am „Erlengraben“ umgesetzt. In den Jahre 2014 und 2015 wurde fünf der sechs Bauwerke errichtet. Im Herbst 2014 wurden die Ausgleichsmaßnahmen „Tiefes Ried“ und in 2015 die Donaurenaturierung realisiert. In den Jahren 2015 und 2016 erfolgte der Bau der Kanzachunterführung. Parallel dazu fand 2016 und 2017 der eigentliche Straßenbau mit den Regenklär- und -Regenrückhaltebecken sowie den Amphibieneinrichtungen statt. 2017 wurden die Arbeiten an den Hochspannungsleitungen durchgeführt. Die Baumaßnahme wird mit dem noch in 2018 herzustellenden Straßenbegleitgrün abgeschlossen.