Wissenschaft lebt vom Austausch mit der Gesellschaft. Die Vernetzung der verschiedenen Partner ist wichtig, damit Ideen und Technologien aus der Forschung möglichst schnell ihren Weg in Produkte und Verfahren von Unternehmen finden können. Durch einen starken, wechselseitigen Wissens- und Technologietransfer kommt das breite Know-how der Universitäten und Hochschulen der Wirtschaft und Zivilgesellschaft zugute und steigert die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig kommen Forschungsbedarfe von Wirtschaft und Gesellschaft bei den Forschenden an.
Dabei spielen sowohl die Grundlagenforschung als auch die anwendungsorientierte, wirtschaftsnahe Forschung eine wichtige Rolle. Da diese beiden Bereiche zunehmend miteinander verschmelzen, fördert die Landesregierung insbesondere die Vernetzung von wissenschaftlichen Einrichtungen mit unterschiedlichen Forschungsprofilen und stärkt so die Rahmenbedingungen für durchgängige Innovationsketten.
Die Landesregierung hat drei technologische Schwerpunkte definiert und dazu jeweils den Dialog zwischen Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft organisiert: Den Strategiedialog Automobilwirtschaft, das Forum Gesundheitsstandort und Digitalisierung inklusive Künstlicher Intelligenz. Die drei Themen sind für die wirtschaftliche Zukunft des Landes von herausragender Bedeutung.
Das Wissenschaftsministerium hat zu jedem der drei Technologieschwerpunkte jeweils einen Leuchtturm der Spitzenforschung durch regionale Verdichtung und Vernetzung geschaffen. Mit den neuen Innovationscampus-Modellen „Cyber Valley“ zur „Künstlichen Intelligenz“ in Tübingen und Stuttgart, „Mobilität der Zukunft“ in Karlsruhe und Stuttgart sowie „Lebenswissenschaften und Gesundheitsforschung“ in der Rhein-Neckar-Region entstehen Innovations-Leuchttürme mit internationaler Strahlkraft. Die Innovationscampus-Modelle vereinen regionale Clusterung, Bündelung der Stärken der jeweiligen Hochschulen, Forschung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft vor Ort mit einem Mehrwert für das ganze Land.
Wissenschaft und Forschung brauchen Freiräume, in denen neue Ideen entstehen und umgesetzt werden können, die die Grundlagen für die Innovationskraft unseres Landes schaffen. Verlässliche Rahmenbedingungen geben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – mit Mut zum Risiko – die Möglichkeit, ihren eigenen Projekten nachzugehen. Um risikoreiche Forschung ausdrücklich zu unterstützen, haben wir den mit 30.000 Euro dotierten Preis für mutige Wissenschaft initiiert. Diese bundesweit erstmalige Auszeichnung würdigt außergewöhnliche Forscherpersönlichkeiten, die neue Wege einschlagen.
Damit der Wechsel von Studium und Wissenschaft ins eigene Unternehmen einfacher wird, fördert das Land die Stärkung einer positiven Gründungskultur an den Hochschulen. So gelangen wissenschaftliche Erkenntnisse als technologische, aber auch als soziale Innovationen in die Praxis und tragen dazu bei, dass Baden-Württemberg dauerhaft ein starker Wirtschaftsstandort bleibt. Mit Reallaboren fördert das Land eine neue Form des wechselseitigen Wissenstransfers. Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen des Landes greifen hier in Kooperation mit lokalen Akteuren aus der Zivilgesellschaft Themen wie Mobilität, Stadtentwicklung oder Künstliche Intelligenz auf, die für die gesellschaftliche Veränderung von zentraler Bedeutung sind. Im Rahmen der Förderung von Reallaboren haben wir bislang rund 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Mit der Förderlinie Reallabor Klima fördern wir derzeit fünf Reallabore an baden-württembergischen Hochschulen mit rund sechs Millionen Euro, die auf vielfältige Weise Themen zum Klimaschutz behandeln. Zusätzlich werden im Rahmen der Förderung Reallabor KI zwei weitere Reallabore zum Thema Künstliche Intelligenz an wissenschaftlichen Einrichtungen finanziert. Diese Reallabore, mit denen wir Wissenschaft und Gesellschaft zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen miteinander in einem strukturierten Dialog gebracht haben, führen wir fort.
Der Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft wird gefördert. Wissenschaftskommunikation ist elementar für die Krisenfestigkeit einer Gesellschaft. Deshalb wird die Landesregierung die Wissenschaftskommunikation stärken. Bei gesellschaftlich wichtigen Themen wurden neue Projekte aufgelegt, die fortgeführt werden. Dazu gehören auch die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus sowie die universitäre Forschungsstelle „Rechtsextremismus“.
Im Rahmen der „Landesinitiative Kleine Fächer in Baden-Württemberg“ entwickelt das Wissenschaftsministerium seit 2015 Maßnahmen, die einerseits die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Kleinen Fächer in Lehre und Forschung erhöhen und andererseits den Transfer ihrer Forschungsergebnisse in die Gesellschaft fördern.
Die Landesregierung entwickelt die Forschungs- und Hochschulpolitik im Dialog mit Einrichtungen und deren Angehörigen weiter: Für das Jahr 2022 plant sie den Start des Dialogprozesses „Zukunftslabor Hochschulen in der digitalen Welt“, in dem unter anderem ein Austausch über die Erfahrungen aus der Pandemie und daraus entstehenden Zukunftsfragen angestoßen und gemeinsame Maßnahmen für die Zukunft der Hochschulen in der digitalen Welt entwickelt werden sollen. Dazu gehört für uns die Frage, wie in den Hochschulen die Digitalisierung auf allen Ebenen in Forschung, Lehre und Management verankert, umgesetzt und auch für die Zeit nach der Pandemie vorangetrieben werden kann. In diesen Prozess möchten wir Beteiligte aller Statusgruppen, das heißt Hochschulleitungen, Studierende, Lehrende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Verwaltung, einbeziehen.
Die Erfolge der baden-württembergischen Universitäten in der bundesweiten Exzellenzinitiative und Exzellenzstrategie haben bewiesen, wie hoch die Qualität der Wissenschaft im Land ist. In der Exzellenzstrategie ist Baden-Württemberg das erfolgreichste Land, das mit den Universitäten Heidelberg, Konstanz, Tübingen und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) vier der bundesweit elf Exzellenzuniversitäten vorweisen kann. In Baden-Württemberg werden mit zwölf Exzellenzclustern 21 Prozent der insgesamt bundesweit 57 Exzellenzcluster gefördert.
Das Land steht hinter seinen starken Universitäten und unterstützt sie sowohl finanziell als auch konzeptionell im bundesweiten Wettbewerb. Hierzu gehört auch die nachhaltige Finanzierung der Projekte aus der Exzellenzinitiative II.
Für die Weiterförderung des Landesanteils stellt das Land bis zu 22 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Davon profitieren auch die in der Exzellenzinitiative II geschaffenen Strukturen der Graduiertenschulen. Diese Förderlinie gibt es in der Exzellenzstrategie nicht mehr.
Um auch die Forschungsexzellenz von morgen zu sichern, ist die Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein Kernanliegen der Landesregierung. Besonders qualifizierte wissenschaftlich und künstlerische Nachwuchskräfte erhalten im Rahmen der Landesgraduiertenförderung Unterstützung für ihr Promotionsvorhaben. Die Landesregierung misst der Qualitätssicherung in der Promotion nach wie vor besondere Bedeutung bei. Die ergriffenen Maßnahmen dienen dazu, die Transparenz und Qualität in Promotionsverfahren zu stärken, die Betreuung der Promovierenden zu verbessern und ihnen eine starke Stimme an den Hochschulen zu geben. Die Landesregierung wird hochwertige Promotionen aus allen Hochschularten fördern und auch Promovierenden aus den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften beste Rahmenbedingungen bieten. Die vorhandene Landesförderung wird zudem kontinuierlich und strategisch weiterentwickelt.
Baden-Württemberg soll Nummer eins der europäischen Forschungsregionen bleiben. Daher fördern wir herausragende Spitzenforschung an unseren Universitäten konsequent und unterstützen insbesondere Kooperationen von Universitäten mit Instituten der Max-Planck-, der Leibniz- und der Fraunhofer Gesellschaft sowie der Helmholtz-Gemeinschaft. Ebenso unterstützen wir die Teilnahme baden-württembergischer Forschungseinrichtungen an europäischen Projekten. Bei Zuwendungen und Projektbeteiligungen aus dem auslaufenden EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizont 2020“ liegt Baden-Württemberg auf dem zweiten Platz der deutschen Länder und ungefähr gleichauf mit EU-Mitgliedstaaten wie Dänemark oder Finnland. Auch die vielen und intensiven Forschungskooperationen mit unseren Nachbarn in Frankreich und der Schweiz stärken den Forschungsstandort Baden-Württemberg.
Besondere Bedeutung für die Zukunft unseres Landes messen wir vor allem den Forschungsfeldern Mobilität und Nachhaltigkeit bei. Diese und Forschungsverbünde zu intelligenten Systemen und Lebenswissenschaften unterstützen wir mit Sonderforschungsmitteln.
Der Mobilitätswandel und die Transformation der Produktion sollen aktiv mitgestaltet werden. Der Innovationscampus „Mobilität der Zukunft“ wird dafür zu einem europäischen Zentrum für die Forschung und Entwicklung in den Schwerpunkten emissionsfreie Mobilität und Software-defined Engineering/smarter Maschinenbau ausgebaut. Baden-Württemberg fördert dieses Vorhaben mit 65 Millionen Euro und leistet damit einen Beitrag für die nachhaltige und digitalisierte Mobilität der Zukunft.
Das Land Baden-Württemberg bekennt sich klar zum Klimaschutz und will zum weltweiten Vorreiter bei Umwelttechnologien, Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft werden. Die Forschungstätigkeiten zu Klimaresilienz von Öko- und Anbausystemen, zur Umweltmedizin und zur Ressourceneffizienz werden maßgeblich verstärkt.
Mit dem Innovationscampus Cyber Valley findet etwa die Künstliche Intelligenz ein Zentrum in Baden-Württemberg. Mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft entsteht eine der größten Forschungskooperationen für Intelligente Systeme in Europa mit internationaler Strahlkraft. Das Land Baden-Württemberg investiert in den kommenden Jahren 60 Millionen Euro – nicht nur für die besten, sondern auch die klügsten Maschinen.
Durch gezielte Maßnahmen wollen wir vor allem die medizinische Forschung und Entwicklung noch weiter stärken. Schon heute glänzt das Land mit Spitzenerfolgen in Krebsforschung und Immuntherapie und ist führend in der Medizintechnik. Mit dem Forum Gesundheitsstandort bringen wir technologische und medizinische Innovationen weiter voran und stärken unsere Gesundheitsunternehmen auf den internationalen Märkten. Der Innovationscampus „Health and Life Science Alliance“ bündelt in der Region Rhein-Neckar die Gesundheits- und Lebenswissenschaften mit der Universitätsmedizin sowie der Gesundheitswirtschaft zu einem international sichtbaren Hotspot. Über den Innovationscampus hinaus werden wir den beschlossenen, landesweiten Kooperationsverbund Hochschulmedizin BW zu einer Erfolgsgeschichte machen.
Mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat das Land Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung die deutschlandweit größte Forschungs- und Lehreinrichtung geschaffen. Das KIT ist als „die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ sowohl Universität des Landes als auch nationales Großforschungszentrum mit den Aufgaben Forschung, Lehre und Innovation. Durch eine weitere Stärkung seiner Autonomie und seiner Handlungsspielräume bei Personal, Budget und Bau trägt das Land dieser bundesweit einzigartigen Struktur Rechnung.