Das Land baut eine universitäre Forschungsstelle zum Thema Rechtsextremismus auf und leistet damit einen Beitrag zur Stärkung und aktiven Verteidigung der Demokratie. Damit wird sichergestellt, dass das Thema Rechtsextremismus dauerhaft und systematisch bearbeitet wird.
„Das Gedenken an Hanau am Wochenende hat nochmals deutlich gemacht: Der Rechtsextremismus ist eine Bedrohung nicht nur für unsere offene Gesellschaft und Demokratie, er gefährdet auch Menschenleben“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Das Land baut eine universitäre Forschungsstelle Rechtsextremismus auf und hat dafür heute die Grundlagen geschaffen. Die Forschungsstelle ist ein weiterer Baustein in der Strategie des Landes im Kampf gegen den Rechtsextremismus.
„Nur mit einem breiten Ansatz, der auch die Wissenschaft einschließt, können wir rechtsextremistische Strukturen bekämpfen, die Prävention voranbringen und den unverzichtbaren Diskurs über die Gefährdungen unserer demokratischen Werte führen“, so der Ministerpräsident.
Rechtsextremismus dauerhaft und systematisch bearbeiten
Dass rechtsextremistisches Gedankengut letztlich in tödlicher Gewalt enden könne, zeigten die rassistisch motivierten Morde in der Innenstadt von Hanau ebenso wie der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke oder der Anschlag auf die Synagoge in Halle, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. „Umso dringlicher ist es, dass wir uns dieser bedrohlichen Entwicklung mit aller Kraft entgegenstellen und Strategien entwickeln, um ihr wirksam zu begegnen. Dafür braucht es nicht nur einen wachen Blick, sondern auch eine systematische Forschung. Mit dem Aufbau einer universitären Forschungsstelle stellen wir sicher, dass das Thema Rechtsextremismus dauerhaft und systematisch bearbeitet wird. Damit stärken und verteidigen wir aktiv unsere Demokratie“, so die Wissenschaftsministerin.
Mit der universitären Forschungsstelle Rechtsextremismus setzt das Wissenschaftsministerium eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um. Die Forschungsstelle ist Ergebnis der fraktionsübergreifenden parlamentarischen Arbeit im Kontext des NSU-Untersuchungsausschusses und geht auf eine parlamentarische Initiative zurück. „Wir setzen damit als Land die Lehren aus dem NSU-Untersuchungsausschuss in konkretes Handeln um und schaffen bundesweit einmalige Strukturen zur breiten Erforschung des Rechtsextremismus“, betonte Bauer.
Land stellt zunächst 400.000 Euro zur Verfügung
Für den Aufbau der Forschungsstelle stellt das Land zunächst 400.000 Euro zur Verfügung. In einem Wettbewerb der besten Konzepte wird eine geeignete Universität zur Verortung der Forschungsstelle durch eine externe Begutachtungskommission ausgewählt. Geplant sind bis zu drei Professuren sowie weitere Personal- und Sachmittel. Die Gesamtkosten werden bei rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr liegen.
Die Forschungsstelle werde zu allen relevanten Feldern des Rechtsextremismus wissenschaftliche Kompetenzen aufbauen. Zudem soll die deutschlandweit erste politikwissenschaftliche Professur für die Erforschung des Rechtsextremismus geschaffen werden – „damit unterstreicht das Land seinen innovativen Anspruch“, betonte Bauer. Durch eine interdisziplinäre Ausrichtung sollen auch neuere Forschungsfelder wie „rechte“ Musik oder die Umdeutung von Sprache beforscht werden.
„Unser Ziel ist der Auf- und Ausbau herausragender wissenschaftlicher Expertise im Land: langfristig, strukturiert und vernetzt – und zwar lokal, national und international“, ergänzte Kretschmann. Ein besonderer Fokus werde darauf liegen, lokale bis hin zu bundes- und europaweite Netzwerke zu bilden und zu stärken. Angestrebt wird auch eine breite gesellschaftliche Verankerung der Forschungsstelle: „Über die Kooperation der Forschungsstelle mit bestehenden Strukturen der Extremismusprävention und Rechtsextremismusforschung im Land soll der schnelle Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis gelingen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Forschungsstelle und Dokumentationsstelle Rechtsextremismus
Bereits im Juli 2020 wurde im Generallandesarchiv Karlsruhe die „Dokumentationsstelle Rechtsextremismus“ geschaffen. Die Dokumentationsstelle führt die beeindruckende Sammlung des Journalisten Anton Maegerle weiter, der seit den 1980er Jahren zum Thema Rechtsextremismus arbeitet, Informationen über rechtsextremistische Strukturen und Netzwerke sammelt und dieses Wissen der Zivilgesellschaft und Forschung zugänglich macht. „Dank der beeindruckenden Sammlung von Anton Maegerle entsteht in Baden-Württemberg eines der größten Archive zu rechtsextremistischen Dokumenten in Deutschland. Ich bin davon überzeugt: Die Zusammenarbeit der Forschungsstelle und der Dokumentationsstelle wird höchste Wirksamkeit im Kampf gegen Rechtsextremismus entfalten“, so Bauer.
Am Generallandesarchiv in Karlsruhe entsteht mit der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus auf Basis des Archivs des Journalisten Anton Maegerle eines der größten Archive zu rechtsextremistischen Dokumenten. Mit rund 2.500 Ordnern, einer umfangreichen Datenbank und einer großen Zahl von Publikationen und Zeitschriften aus dem rechten politischen Spektrum gilt dessen Sammlung als die größte Sammlung ihrer Art in Deutschland.